Sie leistet Beachtliches, wird aber wenig beachtet: die Grundwassersanierungsanlage in Neuschloß. Mit einem Tag der Offenen Tür rückte das Sanierungsteam der HIM das Projekt ein wenig in die Öffentlichkeit. Interessierte konnten sich das weltweit einmalige Verfahren erklären lassen.
Starke Pumpen ziehen seit dem Jahr 2003 Tag und Nacht Grundwasser über ein verzweigtes Leitungsnetz aus zahlreichen Brunnen im Stadtteil an, reinigen es und drücken es im Wald zurück unter die Erde. Übrig bleibt Schlamm für die Sondermülldeponie. Darin bisher enthalten: 1200 Kilogramm Arsen.
Die frühere chemische Fabrik hat das Grundwasser in Neuschloß massiv mit dem giftigen Stoff belastet; Fachleute gehen von bis zu zehn Tonnen aus. Eine Größenordnung, an der zunächst jegliche bisherige Sanierungstechnik scheiterte. Ein Forschungsteam der Universität Heidelberg entwickelte deshalb für Neuschloß ein weltweit neues Verfahren – hinzugegebens Phosphat hilft nun, die weitgehend immobilen Arsenverbindungen zu lösen. Der Effekt ist beachtlich.
Interessierte konnten sich in der Sanierungsanlage umschauen und sich ein eigenes Bild von der beeindruckenden Technik machen. Die Fachleute der HIM erläuterten die angewandten Verfahren und standen für alle Fragen zur Verfügung.
Der Wald am Fichten- und Eichenweg wird voraussichtlich im Herbst gerodet, damit die Sanierung der Altlasten dort beginnen kann. Das berichtet der Projektbeirat Altlasten Neuschloß (PAN). Auch einige Grundstücke sind betroffen.
Gut 30 Jahre, nachdem die flächendeckende Belastung mit Altlasten erkennbar wurde, schließt Neuschloß mit den Hauptkapiteln der Sanierung ab. Der Altlastenverein organisierte in einer Mitgliederversammlung seine Abwicklung. Aber die Sicherung der Überreste der chemischen Fabrik wird unseren Stadtteil noch das angefangene Jahrzehnt über begleiten.
Der Grund für den Schlussstrich ist erfreulich: Mit dem Ablauf der letzten Gewährleistungsfristen der Baufirmen, die an der Bodensanierung und der Wiederherstellung von Nebengebäuden und Gartenanlagen beteiligt waren, hat der Verein seine Aufgaben abgeschlossen.
Vor 20 Jahren hatten sich in dem Altlastenverein etwa hundert Grundstücksbesitzer zusammengetan, um kundigen Rechtsbeistand finden und bezahlen zu können. Er handelte mit Stadt und Land eine Rahmenvereinbarung aus; der Verein wurde Vertragspartner. Die Mitglieder trafen auf dieser Basis ihre jeweiligen Sanierungsverträge.
Auch wenn der Boden im Wohngebiet sauber und der Sodabuckel gesichert ist – die Altlasten werden den Stadtteil weiter beschäftigen. Die Grundwassersanierung startet gerade neu durch; dennoch wird sie die Anwohner wohl das komplette Jahrzehnt über begleiten. Und im Wald gibt es mit dem Roten Hof östlich des Alten Lorscher Wegs und den Sandgruben westlich des Sodabuckels weitere Altlasten, die massiv kontaminiert sind. Betroffen von der geplanten Sanierung dort sind auch Gärten im Fichtenweg. Für Fragen der Neuschlößer in diesem Zusammenhang steht der Projektbeirat Altlasten (PAN) weiter zur Verfügung. Seine Spitze ist personell identisch mit der des bisherigen Altlastenvereins.
Damit die Erinnerung an das Großprojekt Altlasten nicht verblasst, verstärkt der Projektbeirat seine Dokumentation im Internet. PAN-Pressesprecher Michael Bayer, der schon die Neuschloß-Chronik zum Stadtteiljubiläum verfasst hat, erinnert an den großen Kampf um die Sanierung der Grundstücke im Wohngebiet. Ausführliche Überblicksdarstellungen, ergänzt mit vielen Fotos, gibt es auch zur Sicherung des Sodabuckels, zur Grundwassersanierung und zu den Altlasten im Wald. Dazu kommen zahlreiche Originaltexte aus den vergangenen 15 Jahren. Eine interaktive Grafik gibt einen Gesamtüberblick über die Flächen, die bereits gesichert sind oder noch bearbeitet werden müssen.
Detaillierte Informationen über die Sanierung der Grundstücke im Ortskern, über die Sicherung des Sodabuckels, die Grundwassersanierung und die Sicherung der Flächen im Wald finden Sie unter der Adresse www.altlast-neuschloss.de.
Die Bodensanierung geht in die nächste Etappe – mit den Gärten im Eichen- und Fichtenweg und den anschließenden Sandgruben sowie dem Roten Hof im Wald östlich des Alten Lorscher Wegs.
Die Grundwassersanierung steht kurz davor, um ein Vielfaches wirksamer durchzustarten.
Der Altlastenverein wird sich auflösen.
Der Projektbeirat Altlasten Neuschloß (PAN) hingegen wird die Bürgerinnen und Bürger weiter vertreten.
Zeit also für eine Überblicksdarstellung in Sachen Altlasten.
PAN vertritt weiter die Neuschlößer in Altlastenfragen
Es war eine wichtige Nachricht, die Carola Biehal als Sprecherin des Projektbeirats Altlasten Neuschloß in der Bürgerkammer verkündete: Der PAN vertritt die Neuschlößer auch in den verbleibenden Sanierungsfragen. Bedeutend ist das deshalb, weil die Landespolitik inzwischen die Rechtsgrundlage für die Arbeit des Projektbeirats aus dem Hessischen Altlastengesetz gestrichen hat. Umso relevanter ist die Zusage der Stadtverwaltung, dass der PAN als erfahrener Vertreter der Anwohnerinnen und Anwohner akzeptiert bleibt.
Der Projektbeirat besteht seit dem Jahr 1995 aus gewählten, ehrenamtlichen Bürgerinnen und Bürgern. Er arbeitet als Mittler zwischen Betroffenen, Behörden und Sanierungsfirmen – was maßgeblich zur Akzeptanz der umfangreichen Arbeiten auf den gut hundert Grundstücken im Ortskern beitrug. Der PAN war auch in Behördenrunden vertreten – etwa mit dem Hessischen Umweltministerium, dem Regierungspräsidium und der Stadt – und verfügte dort über Informations- und Beteiligungsrechte.
Seit Juli 2005 arbeitet Carola Biehal als Sprecherin, ihr Stellvertreter ist Dr. Günter Weidenauer; um die Presse und Öffentlichkeit kümmert sich Michael Bayer von Neuschloss.net. Projektbeirat und Altlastenverein, getragen vom gleichen Führungsteam, trugen wesentlich dazu bei, dass die Sanierung in Neuschloß überhaupt zustande kam – und das zu für die Anwohnerinnen und Anwohner auch finanziell verträglichen Konditionen. (Interessante Details dazu in der großen Geschichte der Altlasten-Sanierung von Neuschloß.)
Altlasten Neuschloß: Sicherung der Sandgruben und des Roten Hofs
Nach dem Abschluss der Arbeiten auf den Grundstücken im Ortskern und auf dem Sodabuckel stehen nun die nächsten beiden Projekte im Fokus: die überarbeitete Sanierung des Grundwassers und der Beginn der Sicherung der Böden im Wald.
Letztere betrifft die Sandgruben westlich des verlängerten Ulmenwegs, teils bis auf Gärten im Eichen- und Fichtenweg ragend, und den Roten Hof östlich des Alten Lorscher Wegs.
Für Sandgruben und Roter Hof ist die Stadt Lampertheim zuständig. Die Verwaltung beauftragte Mitte Oktober ein Ingenieurbüro mit der Konzeption, berichtete Biehal. „Wir können davon ausgehen, dass in 2020 die Planungen erfolgen und in 2021 die Erörterungen und Genehmigungen folgen. Der Beginn der Arbeiten ist für 2022 vorgesehen“, fügte sie hinzu.
Details mit einer Karte der Belastung und den Schadstoffwerten finden Sie unter altlast-neuschloss.de.
Grundwasser-Sanierung in Neuschloß mit Modellcharakter
Das Grundwasser in Neuschloß ist massiv mit Arsen verunreinigt. An der Landesstraße, in der Nähe von Abwasserpumpstation und kleinem Friedhof-Parkplatz, rauscht das Grundwasser durch die Sanierungsanlage. Tag und Nacht ziehen die Pumpen dort Wasser aus verschiedenen Brunnen an, reinigen es und geben das gesäuberte Nass über andere Brunnen zurück ins Grundwasser. Jedes Jahr holt die Anlage 60 Kilogramm Arsen aus dem Grundwasser. Eine Menge, an der ziemlich viele Menschen sterben könnten.
Die Grundwassersanierung könnte also ein Erfolg sein – wäre die Gesamtbelastung nicht kaum vorstellbar hoch. Die Experten gehen von sieben bis zehn Tonnen Arsen im Neuschlößer Grundwasserleiter aus. So richtig was ändern würde sich im Grundwasser, geht alles so weiter wie bisher, also frühestens in 150 Jahren. Dennoch besteht Handlungsbedarf, weil die Schadstofffahne sich in Richtung des Bürstädter Wasserwerks bewegt.
Der Weg der kleinen Revolution reicht von der einen Straßenseite des Ulmenwegs zur anderen. In Höhe der Hausnummer 35 testeten Naturwissenschaftler der Universität Heidelberg, ob es hilft, Stoffe in das Grundwasser zu geben, die die weitgehend immobilen Arsenverbindungen lösen. Ergebnis: Es funktioniert, und die Sanierung könnte schon in 15 Jahren zu schaffen sein. Details in einer Präsentation der Sanierer von der HIM (PDF-Datei).
Natürlich muss Wasseraufbereitungsanlage die größere Mengen verarbeiten können. Deshalb wurde sie in den vergangenen Monaten erweitert – für viele Neuschlößer nur bemerkbar an der baustellenbedingten Geschwindigkeitsgbegrenzung auf der Landesstraße. Aktuell wird die technische Ausstattung überprüft, Ende November könnte ein Probelauf starten. „Wenn alles erfolgreich funktioniert, womit wir alle rechnen, kann zeitnah mit der schnelleren Grundwassersanierung begonnen werden“, sagte Biehal in der Bürgerkammer.
Altlastenverein will sich im Januar auflösen
Im Bezug auf die Bodensanierung sind Ende Oktober sämtliche Fristen, etwa zur Gewährleistung der Handwerker, ausgelaufen. Deshalb hat der erweiterte Vorstand beschlossen, den Altlastenverein aufzulösen. Der Altlastenverein war Vertragspartner mit Stadt und Land; auf Grundlage eines Rahmenvertrags schlossen die von der Bodensanierung getroffenen Eigentümerinnen und Eigentümer Einzelverträge, die die Modalitäten der Sanierung regelten.
Das Regierungspräsidium Darmstadt, das das Land operativ vertritt, hat nach Biehals Angaben keine Einwände gegen die Auflösung. Die Mitglieder werden über Details in einer Vereinsversammlung informiert, die für Dienstag, 28. Januar 2020, geplant ist.