Volles Haus bei der Flohmarkt-Premiere des Neuschlößer Kindergartens: 16 Eltern, die meisten aus der Einrichtung, belegten die Tische in Flur und mehreren Räumen. Im Angebot hatten sie vor allem gebrauchte Kleidung für Mädchen und Jungen – und das in erstaunlichen Mengen.

Unter den Besuchern und Käufern waren viele, die bisher keinen direkten Bezug zum Kindergarten haben. Das ist kein Zufall: Die Neuschlößer haben sich viel Mühe mit der Werbung gegeben – und in vielen anderen Lampertheimer Einrichtungen Plakate aufgehängt. Die Mühe hat sich ausgezahlt.

Eigentlich läuft der Mietvertrag der Stadt mit dem neuen Besitzer des Beamtenbaus im Mai aus – die Flüchtlinge müssten dann anderswo in Lampertheim wohnen. Doch möglicherweise bleiben sie etwas länger. Ortsvorsteherin Carola Biehal sprach im Ortsbeirat von Verzögerungen in der Umbauplanung für das Gebäude: „Es gab einen Sachbearbeiterwechsel im Denkmalamt“, erläuterte sie.

Was genau der neue Eigentümer – ein Architekt, der sich dem Vernehmen nach um weitere historische Bauten kümmert – in Neuschloß vor hat, soll im Frühjahr bekannt gegeben werden. Bisher herrscht hier geheimnisvolles Schweigen, das Stadt und Ortsbeirat mittragen, was man durchaus kritisch sehen darf.

Biehal berichtete von historischen Erkundungen des Besitzers, die offenbar einige Überraschungen bereit halten: Der Verdacht steht im Raum, die Fastnacht sei in Neuschloß erfunden worden. Das wäre ein druchaus überraschender Ansatz für eine fremdenverkehrliche Werbung unseres Stadtteils. 

Zurück zu den Flüchtlingen. „Hier in Neuschloß funktioniert das Miteinander“, sagte Ortsvorsteherin Biehl, nach dem sie kurz die Debatte über die Unterbringung in Lampertheim gestreift hatte. „Helfer und Paten zeigen bei uns den Flüchtlingen, dass sie nicht alleine gelassen werden.“ Sie erinnerte an ein Treffen der Asylsuchenden mit Anwohnern, das der Ortsbeirat initiierte. „Das hat allen gut gefallen, und sämtliche Bürger wünschten sich eine Wiederholung.“ 

Mit Blick auf eine auch von Neuschloss.net angestoßene Debatte nach dem vergangenen Treffen des Ortsbeirats sagte sie wörtlich über das ehrenamtliche Engagement: „Man kann nicht genug Dankeschön sagen.“ Allerdings, fügte sie hinzu, halte sie es für unmöglich, alle 280 für Lampertheim vorgesehene Flüchtlinge auf freiwilliger Basis zu betreuen. Hier sei die große Politik in der Pflicht. 

Der städtische Kindergarten und die Kinderkrippe „Zwergenschloss“ im Wacholderweg sollen Zuwachs bekommen. Die Verwaltung möchte im Kindergarten zum 1. August wieder eine dritte Gruppe öffnen, in der weitere 25 Jungs und Mädels Platz finden. Das hat Erster Stadtrat Jens Klingler im Ortsbeirat bekannt gegeben.

In der Krippe nebenan soll es nach dem Vorstellungen der Verwaltungsspitze ebenfalls bald turbulenter zugehen: Hier will die Stadt als Trägerin die fünf Gruppen um jeweils zwei Kinder auf dann zwölf aufstocken. Statt 50 vergnügen sich dort dann also 60 Mädchen und Jungen. Das Personal würde entsprechend aufgestockt. Klingler begründete die Erweiterung mit geänderten Richtlinien. Das letzte Wort haben die Stadtverordneten.

Die Krippe „Zauberwald“ im Rosenstock soll nach den Plänen ebenfalls zehn weitere Zweijährige aufnehmen. Freuen dürfen sich Eltern aber nicht zu früh: Die Plätze sind bereits sämtlich vergeben. 

Die Skepsis mancher Lampertheimer, dass die Krippe in Neuschloß nicht angenommen werden könnte, war jedenfalls unbegründet.

Eltern schaffen gefährliche Situationen

Ganz im Gegensatz möglicherweise zu den Bedenken, die der Ortsbeirat schon in der Planung der Krippe vorgetragen hatte: Klingler sprach zum ersten Mal von „Parkproblemen“ vor den Einrichtungen. Dem Vernehmen nach halten manche Eltern verbotenerweise in der langen Kurve des Wacholderwegs – und zwar auf dem Gehweg, auf dem andere Kinder laufen. Im Kindergarten ist von „sehr gefährlichen Situationen mit Kindergartenkindern“ zu lesen. Es werde sogar in der Kurve gewendet. Das Ordnungsamt werde „weitere Kontrollen durchführen und auch Strafzettel verteilen“.

Wenn künftig 35 Kinder mehr in Krippe und Kita abgeliefert werden, könnte sich die Sache zuspitzen. Der Erste Stadtrat versprach, sich kundig zu machen, wie man Abhilfe schaffen könne. Als erste Reaktion stehen den Eltern nun jene Parkplätze vor den Gebäuden zur Verfügung, die bisher von den Beschäftigten benutzt wurden. Das Personal parkt nun weiter weg auf der Straße.

Wie schwierig es für Neuschlößer Eltern ist, eine Betreuung für ihre Kinder an der Pestalozzischule zu bekommen, hat Neuschloss.net jüngst vorgerechnet: Im Sommer werden neun der 50 Plätze frei – auf der Warteliste stehen nach Angaben des Trägervereins 52 Mädchen und Jungen. Jetzt hat der Ortsbeirat über das Thema gesprochen.

Erster Stadtrat Jens Klingler berichtete, die Schule habe Mittel für eine dritte Gruppe zum Sommer 2016 beantragt. Diese Nachricht klingt ermutigender als sie ist. Sie bedeutet keinesfalls, dass diese Erweiterung klar geht.

Denn Haupthindernis für eine weitere Gruppe sind fehlende Räume in der Schule. Schon jetzt muss die Betreuung mit guter Organisation dafür sorgen, dass der vorhandene Platz für die 50 Mädchen und Jungen genügt, etwa wenn es ums Essen geht. Als wenig praktikabel hat sich dabei die Idee erwiesen, die gegenüber liegende Jahnhalle mit zu verwenden.

Die Schule muss gründlich ihren Raumplan prüfen. Einfach wird das nicht: Der scheidende vierte Jahrgang besteht aus zwei Klassen, der künftige erste Jahrgang aus drei – schon deshalb wird es enger. Auch Sonderräume umzuwidmen, dürfte schwierig werden: Auf die Schulbücherei etwa sollte man sinnvollerweise nicht verzichten.

Container oder Anbau würde helfen

Unterm Strich erscheint eine zusätzliche Gruppe in der Betreuung nur mit einer räumlichen Erweiterung möglich. Dass die Schule den Finanzantrag gestellt hat, soll wohl lediglich sicherstellen, dass man für diesen Fall kostenseitig vorbereitet ist – unabhängig davon, wie wahrscheinlich aufgestellte Container oder ein Anbau bis zum Sommer 2016 sind.

Die Landesregierung diskutiert einen Ausbau der Schülerbetreuung unter den Slogan „Pakt für den Nachmittag“, wie Klingler erinnerte. Die Lampertheimer Schulen nehmen an einem zugehörigen Pilotprojekt nicht teil. Das hängt damit zusammen, dass entscheidende Details wie der Betreuungsschlüssel zunächst nicht feststanden – und die Schulen denkbare Verschlechterungen zum aktuellen  Stand vermeiden wollten.

Klinger brachte auch das Projekt des Wassersportvereins ins Gespräch: Der WSV bietet Kindern eine Betreuung, wenn sie dafür unter seiner Flagge trainieren. Der Verein wolle dafür nun auch Grundschulkinder gewinnen. „Vielleicht kann der WSV ja Kinder mit einem kleinen Bus an der Pestalozzischule abholen“, überlegte der Erste Stadtrat laut.

Das sei schon seltsam, fasste Ortsvorsteherin Carola Biehal die Lage zusammen: Die Betreuung für Krippen- und Kindergartenkinder werde mit Blick auf berufstätige Eltern forciert. „Und dann kommen die Kinder in die Schule – und auf einmal hört alles auf.“ Das freilich sind auch die Folgen von kommunalpolitischen Entscheidungen: Die Stadt ist es, die sich in den vergangenen Jahren als Träger aus der Schülerbetreuung etwa an der Schiller- und Goetheschule verabschiedete und die der elterngetragenen Betreuung an der Pestalozzischule Zuschüsse kürzt.