Ist die FDP plötzlich gar nicht mitverantwortlich dafür, dass die Neuschlößer Wahl des Ortsbeirats ausfallen muss, weil es zu wenig Kandidaten gibt? Zwar war es die FDP, die bei aktuell drei Mandaten nur einen Namen auf ihre Liste schrieb. Aber das sei ja bekannt gewesen, sagen jetzt Gottlieb Ohl (FDP) und Paul Schneider (bisher parteilos auf der FDP-Liste). Schneider wirft uns gar eine „gezielte Falschdarstellung“ vor.
Bekannt sei das Kandidatenproblem der FDP erstens gewesen, weil die scheidenden Vertreter im Ortsbeirat verabschiedet wurden. Freilich: Dass zwei Leute gehen, ist der eine Sachverhalt. Ein anderer aber, dass die FDP diese Mitstreiter nicht ersetzen kann. Es ist üblich, dass neue Kandidaten folgen, wenn bisherige aufhören. Es gab, wenn niemand Alarm schlägt, keinerlei Anlass davon auszugehen, dass das diesmal anders ist.
Zweitens, sagt Ohl, sei die Sache bekannt gewesen wegen der Mitgliederversammlungen der FDP: „Pressevertreter waren anwesend und haben darüber berichtet.“
Allerdings: In der Versammlung, über die die Presse berichtete, wählte die FDP ihre Kandidaten für die Stadtverordnetenversammlung. Die Vertreter für den Ortsbeirat wollte die FDP in einem anderen Treffen wählen – und über das war in beiden Tageszeitungen nichts zu lesen. Um sicher zu gehen, hat Neuschloss.net nachgefragt. Beide Redaktionen bestätigen, sie haben nicht über die FDP-Wahl für den Ortsbeirat geschrieben. Die Behauptung „Pressevertreter haben darüber berichtet“ stimmt also nicht für das Kandidatenproblem, um das es hier aber geht.
Damit bleibt es dabei: Die FDP konnte nicht davon ausgehen, dass ihre kurze Kandidatenliste über die eigene Leute hinaus bekannt war. Hätte die FDP rechtzeitig zum Telefonhörer gegriffen, hätten andere Parteien reagieren können. Weil die FDP das nicht getan hat, ist sie mit dafür verantwortlich, dass es keinen Ortsbeirat mehr geben wird.
Nächster Punkt: Was passiert, wenn Ohl in die Stadtverordnetenversammlung gewählt wird und dann wie bisher als Stadtrat im Magistrat arbeiten möchte? Ohl hatte argumentiert, er habe sich nicht für den Ortsbeirat aufstellen lassen, weil er im Erfolgsfall zurücktreten und einem Nachrücker Platz machen müsse; das sei „Betrug am Wähler“. Allerdings, so unser Einwand, kandidiert Ohl für die Stadtverordnetenversammlung. Würde er gewählt und wollte wieder in den Magistrat, müsste er genauso in der Stadtverordnetenversammlung ausscheiden und einem Nachrücker Platz machen. Wir deuteten an, dass nach Ohls eigener Argumentation auch das „Betrug am Wähler“ wäre.
Ohl nannte daraufhin allerlei Vorschriften, griff uns mehrfach persönlich an, wir könnten Gasthof nicht von Gustav unterscheiden, sprach von ungenügender Recherche und kam zum Ergebnis: „Da ich auf Platz sieben des Wahlvorschlags der FDP kandidiere, könnte ich somit in den Magistrat gewählt und entsandt werden, ohne dass ein anderer Kandidat nachrückt.“
Wir haben das Hessische Innenministerium um eine Einschätzung gebeten. Sie liegt uns schriftlich vor und lautet: Nach dem Grundsatz der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat können Mitglieder des Gemeindevorstands (Magistrat) nicht gleichzeitig Gemeindevertreter (Stadtverordnete) sein. Und:
„Wird ein Gemeindevertreter zum Bürgermeister oder Beigeordneten gewählt, so verliert er mit Amtsantritt seinen Sitz als Gemeindevertreter (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 2 Hessisches Kommunalwahlgesetz), sobald der Hinderungsgrund durch den Wahlleiter rechtskräftig festgestellt worden ist. Wenn ein Gemeindevertreter seinen Sitz verliert, rückt der nächste noch nicht berufene Bewerber des Wahlvorschlags mit den meisten Stimmen an seine Stelle.“
Ohl hat also schlicht unrecht.
Hinweis: Ein weitgehend identischer Text ist als Leserbrief in der Lampertheimer Zeitung erschienen.
Noch ein Hinweis: Schneiders Vorwürfe einer gezielten Falschdarstellung haben wir schon vorher untersucht.