Auf immer mehr Dächern in unserem Stadtteil sehen wir Module von Photovoltaik-Anlagen. Der Neuschlößer Christoph Rumler – vielen bekannt als Bürgersolarberater – hat genau hingeschaut – und nachgerechnet. Seine Ergebnisse sind beachtlich.

Von Michael Bayer

Gründe dafür, Strom selbst herzustellen, gibt es viele. Zunächst ganz handfeste: Man spart mittelfristig viel Geld. Zum einen sinken sofort mit der Inbetriebnahme die Kosten für den „Saft“ erheblich. Und: Die Investitionen sind meist nach gut einem Jahrzehnt durch die Einsparungen im laufenden Betrieb wieder drin. Wer also etwas Geld auf der hohen Kante hat und das in eine eigene Solaranlage investiert, kommt auf eine hohe Rendite – und drückt auf Dauer die laufenden Kosten für den Haushaltsstrom.

Zum anderen steht eine Solaranlage im Zentrum aller Überlegungen, wenn wir mit unserem eigenen Verhalten helfen wollen, den Klimawandel zu bremsen. Dazu müssen wir unseren Verbrauch von fossilen Energien verringern – weil mit deren Verbrennung das Kohlendioxyd entsteht, das die Erde erwärmt.

Konkret sollten wir damit aufhören, Gas oder Öl zu verfeuern, um Zimmer und Wasser warm zu bekommen. Und kein Benzin oder Diesel verbrennen, um unsere Autos anzutreiben. Die Alternativen laufen in beiden Fällen mit Strom: Wir reden von Wärmepumpen und Elektroautos.

Kommen wir nochmal zum Geld. Als Ausgangsbasis können Interessierte die Jahresbeträge für Gas oder Öl, den Haushaltsstrom und für Benzin oder Diesel zusammenrechnen. Die Summe ergibt das Sparpotenzial. Dem stehen dann die Stromkosten für Wärmepumpe und Auto gegenüber. Wer eine leistungsfähige Photovoltaik-Anlage auf dem Dach hat, dürfte mindestens ein halbes Jahr lang selbst mit zwei E-Autos noch Strom übrig haben, also über die Einspeisevergütung sogar einen Gewinn erzielen.

Wärmepumpe vervielfachen die eingesetzte Stromenergie, in dem sie der Luft Wärme entziehen.
Wärmepumpe vervielfachen die eingesetzte Stromenergie, in dem sie der Luft Wärme entziehen.

Der lässt sich dann in den kalten Wintermonaten einsetzen, wenn die Wärmepumpe mehr Strom zieht – aber auch dann noch unterstützt von der Solaranlage. Damit in der dunklen Jahreszeit möglichst viel Strom übrig bleibt, sollten so viele Dachflächen wie vorhanden mit Modulen belegt werden. Da die Preise für die Module stark sinken, fällt deren Anzahl bei einer Anlage immer weniger ins Gewicht.

Bei all dem ist natürlich klar: Am Anfang stehen die Investionen. Sie können insbesondere bei älteren Häusern, wo vielleicht ein neues Dach oder eine Dämmung nötig wird, beachtlich sein. Wer hier, insbesondere mit Blick auf Photovoltaik-Anlage oder Wärmepumpe, Hilfe sucht, kann sich gerne an die Bürgersolarberatung unter lampertheim@buergersolarberatung.de wenden.

Nun aber die Analyse zum wachsenden Bestand der Photovoltaik-Anlagen in Neuschloß von Christoph Rumler.


Die Dächer von Neuschloß – Photovoltaik-Anlagen mit nachhaltigem Kapitalertrag

Von Christoph Rumler

Geht man durch Neuschloß, fällt ein reger Photovoltaik-Ausbau ins Auge. Warum ist das so interessant? Dazu ein paar Zahlen und Hintergründe.

Wertet man die jüngste Luftaufnahme von Neuschloß in Google Earth vom April 2021 aus, kann man 35 Photovoltaik-Anlagen auf unseren Dächern zählen. Im Sommer 2024 sind es schon 90 Anlagen, wie ein Rundflug mit einer Drohne zeigt. Ein Plus von 55 Anlagen in nur drei Jahren.

In Neuschloß stehen 365 Gebäude (mit Hausnummern). Im Jahr 2021 hatten damit knapp zehn Prozent davon eine Photovoltaik-Anlage; Mitte 2024 sind es schon 25 Prozent. Das ist eine bemerkenswerte Steigerung. Nach Angaben der Landes-Energie-Agentur Hessen und des Solarkatasters Hessen nutzte Gesamt-Lampertheim im Jahr 2021 seine Photovoltaik-Dachflächen zu 14 Prozent. Da war Neuschloß noch unterdurchschnittlich. Mit 25 Prozent hat Neuschloß nun einen Spitzenplatz!

Betrachten wir nur die Zubau Menge von 55 Photovoltaik-Anlagen in den vergangenen drei Jahren. Die Bürgersolarberatung hat davon etwa 20 Anlagen beratend begleitet. Aus diesen Informationen können anlegbare Kennzahlen auch für die anderen Anlagen abgeleitet werden.

Mit diesen 55 Anlagen ist eine theoretische Gesamtleistung von rund 600 Kilowatt (Peak) entstanden. Durchschnittswerte angesetzt, fielen dafür Kosten von 1,2 Millionen Euro an. Die Paneele erzeugen jedes Jahr ungefähr 570.000 Kilowattstunden Strom. Im Durchschnitt wird eine Eigenversorgung (Autarkie) von 70 Prozent erreicht. Das bedeutet, die Haushalte müssen 70 Prozent ihres Stroms nicht mehr einkaufen. Etwa 370.000 verbleibende Kilowattstunden aus Photovoltaik speisen die Neuschlößer Dächer ins Netz ein.

Die Investitionskosten werden in zehn bis 15, durchschnittlich in zwölf Jahren von den Anlagen verdient und bezahlt. Danach entsteht in der Regel noch ein Gewinn von etwa 90 Prozent der Investitionskosten (nominal, nicht abgezinst) bis zum Ende der im Erneuerbaren-Energiegesetz geregelten Vergütungen nach 20 Jahren.

Dieser Gewinn beträgt für die 55 Haushalte mehr als eine Million Euro. Dieses Kapital wird künftig die Anschaffung von Wärmepumpen, Klimaanlagen oder Elektroautos mit unterstützen. Die Photovoltaik-Anlage ist eine Primärinvestition, die sich auf andere künftige Investitionen kostensenkend auswirkt. Damit stellen sich diese Haushalte und Neuschloß sehr gut auf.

Man kann eine Photovoltaik-Anlage auch als Versicherung gegen steigende Strompreise ansehen. Mit der Technik sind die Ausgaben für den selbst erzeugten Anteil auf 20 Jahre fix. Nur noch die kleinere, fremd bezogene Strommenge unterliegt womöglich einer Kostensteigerung.

Allein die 55 Solar-Familien verkleinern den CO2-Fußabdruck („Carbon Footprint“) von Neuschloß über 20 Jahre um 12.500 Tonnen. Das reduziert Klimaschäden. Es lässt die Kostenbelastung unserer Nachkommen schrumpfen – und schützt deren Lebensqualität.

Die Investitionen in Photovoltaik-Anlagen schaffen Arbeitsplätze, Steuern und Beiträge in die Sozialversicherung. Sie sind eine lokale Wertschöpfung, die bei Erdgas-, Kohle- und Ölimporten nicht entsteht.

Wenn Sie diese Informationen als hilfreich ansehen und selbst den Bau einer Photovoltaik-Anlage prüfen möchten, können Sie sich gerne an die Bürgersolarberatung wenden unter der Mailadresse  lampertheim@buergersolarberatung.de

Solardächer stärken unsere Einkommen, schützen Klima und Nachkommen. Es wäre schön, wenn noch weitere Photovoltaik-Anlagen dazu kommen.

Ihr Christoph Rumler, Bürgersolarberater in Neuschloß


Strombilanz eines kühlen, sonnigen Herbsttages

Was bringt eine Photovoltaik-Anlage? Hier Zahlen aus einer Anlage in Neuschloß mit einer theoretischen Höchstleistung von 17 kWp.

Von Michael Bayer

Folgende Darstellung zeigt die aktuelle Lage am Nachmittag.

Energiestatus in einem Neuschlößer Haus an einem sonnigen, aber kühlen Sonntag Nachmittag Mitte Oktober. Die Wärmepumpe hat Zimmer und Wasser warm gemacht, der Akku im Keller ist gefüllt für den Stromverbrauch in der Nacht, die überschüssige Sonnenenergie geht ins Auto. (Darstellung: MVV)
Energiestatus in einem Neuschlößer Haus an einem kühlen, sonnigen Nachmittag Mitte Oktober. (Darstellung: MVV)

Die Wärmepumpe hat Zimmer und Wasser bereits aufgewärmt. Der Akku im Keller ist gefüllt für den Stromverbrauch nach Sonnenuntergang, die überschüssige Sonnenenergie geht ins E-Auto.

Und so sieht die Gesamtbilanz des Tages aus:

Herbsttag-Bilanz einer Neuschlößer PV-Anlage mit 17 kWp.
Herbsttag-Bilanz einer Neuschlößer PV-Anlage mit 17 kWp.

Die Anlage hat etwa 45 kWh an Strom erzeugt. Davon wurden 26,5 kWh im Haus verbraucht (davon wiederum 13,5 kW von der Wärmepumpe-getriebenen Heizung). 12 kWh gingen in den Akku. Und das E-Auto bekam noch 22,7 kWh ab.

Die verbleibenden Stromkosten an diesem Tag für Heizung, Warmwasser und eine Fahrstrecke im Elektroauto von 130 Kilometern betragen 2,12 Euro.

Natürlich gibt es im Sommer noch deutlich bessere Tage und im Herbst und Winter schlechtere Tage.

Kurze Überschlagsrechnung zum E-Auto

Autofahren mit dem Strom vom Dach - von März bis September kaum ein Problem. Ein erhebliches Einsparpotenzial.
Autofahren mit dem Strom vom Dach – von März bis September kaum ein Problem. Ein erhebliches Einsparpotenzial.

Ein Verbrenner kommt auf an die 14 Euro pro hundert Kilometer (Beispiel: acht Liter pro hundert Kilometer zu 1,70 Euro).

Ein E-Auto braucht im Schnitt etwa 17 Kilowattstunden pro hundert Kilometer. Mit einem üblichen Hausstromtarif kosten die etwa sechs Euro. Wer ausschließlich an öffentlichen Stationen lädt, kalkuliert mit zehn Euro. Mit einer Photovoltaik-Anlage lässt sich über viele Monate einfach Sonnenstrom laden. Die Wertschöpfung des eigenen Stroms ist damit um ein Vielfaches höher im Vergleich zur Einspeisevergütung.

Neuschloß arbeitet weiter daran, klimafreundlicher zu werden. Und freut sich über die ersten ermutigenden Ergebnisse. Wer beim Infonachmittag der Bürgerkammer zum Stehtisch der Bürgersolarberatung blickt, sieht immer wieder Leute aus unserem Stadtteil, die sich gegenseitig ihre Smartphones zeigen und diskutieren.

Die Displays zeigen Zahlen und Kurven. Es sind Statistiken von Photovoltaik-Anlagen, die auf Neuschlößer Dächern Strom herstellen. „Unser Akku reicht schonmal bis zum Morgen“, hört man. Die meisten sind überrascht, wie groß die Ernte an elektrischer Energie aus der Sonne im südhessischen Ried ist.

Erfahrungsaustausch am Tisch der Bürgersolarberatung.
Erfahrungsaustausch am Tisch der Bürgersolarberatung mit Christoph Rumler (Dritter von links).

Christoph Rumler steht in der Mitte der Runde. Ihn verwundern die Erfahrungen kaum. Der Neuschlößer engagiert sich in der Bürgersolarberatung und bewies schon in den beiden bisherigen Veranstaltungen von Bürgerkammer und Ortsbeirat, wie tief er im Thema ist. Und weil PV-Anlagen gerne in Kombination mit Wärmepumpen auf und ins Haus kommen, kennen er und sein Team sich inzwischen auch damit ziemlich gut aus, wie sich am Stehtisch zeigt. Wer sich ehrenamtlich beraten lassen will, schreibt eine Mail an lampertheim@buergersolarberatung.de.

Dabei ist auch Yannic Töpper. Als Klimamanager der Stadt kennt er die verschiedenen Aspekte des jüngst überarbeiteten Gebäudeenergiegesetzes. Er informiert über die umfänglichen Fördermöglichkeiten für alle, die ihr Haus klimafreundlicher machen.

Klimafreundliche Alternativen zum Rasen

Aber nicht nur im Gebäude geht es. Auch die Gärten nimmt die Bürgerkammer in den Blick. Die mediale Diskussion, wie sehr wir uns es künftig noch erlauben können, im Sommer unseren Garten zu gießen, zeigt: Auch hier deutet sich Handlungsbedarf an. Am ehesten zu erkennen beim Thema Rasen.

Frischer Rollrasen mit Rasenmäher.
Frisch verlegter Rollrasen. Besonderes Kennzeichen: wasserhungrig.

Der zeigte sich auf vielen Grundstücken in der heißen Jahreszeit zuletzt zunehmend braun. Nun scheinen die Rasenflächen damit einigermaßen zurechtzukommen, denn im Herbst kehrt meist das Grün zurück. Aber schön ist in der Sommerzeit, in der viele ihren Garten ja am intensivsten nutzen, etwas anderes.

Stellt sich also die Frage: Ist es klug, ausgedürrtes Gras mit neuem Rollrasen ersetzen, der ja (in wasserintensiver Bewirtschaftung) gleich nebenan bei uns auf den Äckern wächst? Oder gibt es alternative Konzepte? Pflanzen vielleicht, die mit weniger Wasser auskommen, und dennoch eine größere Fläche begrünen?

Sabine Vilgis (Zweite von rechts) informiert über klimafreundliche Gartenbepflanzung.

Wenn sowas in Lampertheim jemand weiß, dann ist es Sabine Vilgis. Sie leitet bei der Stadtverwaltung die  Technischen Betriebsdienste – früher hätten wir Bauhof und Stadtgärtnerei gesagt. Von ihr und ihrem Team kommen die Konzepte für den Stadtpark, die liebevolle Begrünung der Lampertheimer Verkehrskreiseln, blühende Lärmschutzwälle und die Birken auf dem Weg zum Vogelpark. Zum Ahornplatz kommen sie mit umfangreichen Anschauungsmaterial.

Pflanzenlisten für Rasen-Alternativen

Ein Anhänger der Technischen Betriebsdienste veranschaulicht beispielhaft, wie sich eine Gartenfläche auch ohne Rasen attraktiv gestalten lässt. Die Informationen dazu sind ungewöhnlich konkret – bis hin zu bebilderten Bepflanzungsplänen.

Beispielhafte Gartenanlage – samt konkreter Pflanzenlisten.
Beispielhafte Gartenanlage – samt konkreter Pflanzenlisten.

Damit stößt auch die dritte Veranstaltung in Neuschloß, die den Umgang mit den sich wandelnden klimatischen Verhältnissen in den Blick nimmt, auf viel Interesse. Kaum mehr eisige Winter, ungewöhnlich warme Tage im Frühjahr, im Sommer Wassermangel bei gleichzeitigen Starkregen-Ereignissen auf kleinem räumlichen Gebiet – so sehen die Prognosen all jener aus, die unser Klima erforschen. Die Anfänge davon erleben wir gerade.

Dass die Frage, welche Konsequenzen daraus vor Ort zu ziehen sind, unseren Stadtteil bewegt, zeigte sich bereits mehrfach bei Treffen der Bürgerkammer und des Ortbeirats. Im Sommer 2022 war der Bürgersaal am Ahornplatz voll, als die Lampertheimer Energie-Experten Peter Hensel und Philipp Schönberger Alternativen zum Heizen mit Öl und Gas vorstellten. Und auch als ein Neuschloß-Treff mit dem Neuschlößer Fachmann Christoph Rumler konkrete Fragen zum Thema Solaranlage besprach, war die Resonanz groß. Und tatsächlich wächst die Zahl der Häuser in unserem Stadtteil, die energetisch saniert sind.

„Unsere bisherigen Veranstaltungen von Bürgerkammer und Ortsbeirat über Energie- und Klimafragen zeugten von einem großen Interesse für das Thema in unserem Stadtteil“, sagt Ortsvorsteherin Carola Biehal (Bürgerkammer). „Wir freuen uns sehr, mit den kompetenten Gästen den Informationsstand der Bürgerinnen und Bürger weiter vertiefen zu können.“

Wie kann ich mein Haus so umbauen, dass ich ohne Öl und Gas heizen kann? Unter welchen Umständen lohnt sich eine Photovoltaikanlage für Solarstrom? Was muss ich beachten, wenn es gilt, das Dach zu erneuern? Solche Fragen stellen sich viele Neuschlößerinnen und Neuschlößer. Denn im Ortskern sind die meisten Häuser Ende der Fünfziger Jahre entstanden – und nun energetische Sanierungsfälle.

Die Bürgerkammer lädt Interessierte und Betroffene ein zum gemeinsamen Austausch am Mittwoch, 25. Januar, 19.30 Uhr, im Café „New Castle“ am Ahornplatz. Ihr Kommen zugesagt haben bereits Anwohnerinnen und Anwohner, die von ihren Umbau-Erfahrungen berichten können. Ebenso ein Experte für Solarstrom. Bereits im November hatte der Ortsbeirat zu einem Vortragsabend über diesen Themenkreis eingeladen, der auf großes Interesse gestoßen war.

Die Runde ist der Start einer Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Neuschloß-Treff der Bürgerkammer“. Einmal im Quartal können sich dabei Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils über vorher ausgewählte Themen austauschen.

Wer in Neuschloß ein Haus besitzt, muss sich auf erhebliche Investitionen einstellen. Das gilt insbesondere für jene Gebäude im alten Ortskern, die Ende der Fünfziger Jahre entstanden sind. Nicht wenige Frauen und Männer aus unserem Stadtteil sind dennoch zu einer energetischen Sanierung ihrer Immobilien bereit. Das zeigte ein Informationsabend zum Thema “Energie fürs Haus ohne Gas und Öl“, den die Bürgerkammer für den Ortsbeirat organisiert hatte.

Einen systematischen Überblick über alternative Heiztechniken, Anforderungen an die Wärmeisolierung und Möglichkeiten, die Energie der Sonne zu nutzen, gaben die Referenten Peter Hensel und Philipp Schönberger. Beide sind Geschäftsführer beim Lampertheimer Beratungsunternehmen EnergyEffizienz.

Es dauerte nicht lange, bis sich die etwa 40 Interessierten im Bürgersaal am Ahornplatz einmischten – mit Nachfragen und Diskussionsbeiträgen. Schnell wurde klar, dass sich viele Neuschlößerinnen und Neuschlößer schon ausgiebig damit beschäftigt haben, was sie gegen die massiv steigenden Kosten für Gas, Heizöl und Strom tun können.

Der Infoabend des Ortsbeirats stößt auf großes Interesse.
Der Infoabend des Ortsbeirats stößt auf großes Interesse.

Es zeigte sich aber ebenso: Es geht hier nicht nur um Geld, sondern auch um Verantwortung. Denn die meisten im Publikum waren im Rentenalter. Ihnen ist bewusst, dass sich manche Investitionen erst für kommende Generationen auszahlen. Dennoch erwägen sie, die Umbauten anzugehen.

Projekt für mehrere Generationen

Ein wenig scheint dabei auch ein schlechtes Gewissen eine Rolle zu spielen: „Wir haben Jahrzehntelang gut gelebt, sind in viele Urlaube gefahren – und kümmerten uns nicht um saubere Energie, einfach weil Gas und Heizöl so billig waren“, brachte Fritz Götz die Stimmung auf den Punkt. Er war Erster Stadtrat und gilt als wichtige Stimme der SPD in Lampertheim.

Zur Sachlage fasste Schönberger zusammen: Neue Öl- und Gasheizungen dürfen wohl bald nicht mehr in Betrieb genommen werden. Für bestehende gibt es eine Übergangsfrist, die voraussichtlich auf 20 Jahre sinken wird. Heißt: Geht eine bestehende Öl- oder Gasheizung kaputt, muss sie künftig mit einer alternativen Technik ersetzt werden.

Philipp Schönberger (links) und Peter Hensel, Geschäftsführer beim Lampertheimer Beratungsunternehmen Energy Effizienz.
Philipp Schönberger (links) und Peter Hensel, Geschäftsführer beim Lampertheimer Beratungsunternehmen Energy Effizienz.

Alternative: die Wärmepumpe

In Frage kommen hier vor allem Wärmepumpen. Sie werden mit Strom angetrieben und besorgen sich zusätzlich Energie aus der Umgebung. Je nach Bauart kann die Wärme dem Grundwasser, dem Erdboden oder der Luft entnommen werden.

In Neuschloß gibt es eine Besonderheit, auf die Ortsvorsteherin Carola Biehal hinwies: „Auf jenen Grundstücken, bei denen während der Altlastensanierung eine Sickerwassersperrschicht eingebaut wurde, könnte eine Installation im Grundwasser oder Erdboden schwierig sein. Hier sollte mit dem Regierungspräsidium in Darmstadt gesprochen werden.“

Luftwärmepumpen sind nicht ganz so effizient, aber fast überall möglich. Allerdings laufen sie dann am besten, wenn ein Haus gut isoliert ist. Das kann das Dach betreffen, die Kellerdecke und die Außenwände.

Strom vom Dach – immer wichtiger

Ideal ist eine Kombination von Wärmepumpen mit einer Photovoltaik-Anlage. So kann auch der nötige Strom teilweise selbst gewonnen werden. Peter Hensel gab den Neuschlößerinnen und Neuschlößern einen einfachen Rat: „Ich würde jede geeignete Dachfläche so schnell es geht mit Solarpanelen belegen“, sagte er und verwies darauf, dass auch Autos künftig mit Strom betrieben würden.

Das Land Hessen bietet ein Solarkataster an – es gibt einen ersten Eindruck davon, wie geeignet welches Dach für eine Solaranlage ist. Ausschlaggebend sind Fläche, Ausrichtung und Neigung der Kollektoren.

Aktuell rufen manche Anbieter völlig überhöhte Preise auf. Die Referenten informierten, im Rahmen lägen Anlagen, die auf bis zu 2000 Euro pro Kilowatt-Peak (kWp) kommen. Darüber hinaus kann mit einem Batteriespeicher der Eigenverbrauch gesteigert werden, was aber mit zusätzlichen Kosten verbunden ist und daher im Einzelfall wirtschaftlich betrachtet werden sollte. Gängige Installationen kommen auf 5 bis 10 Kilowatt-Peak. Weitere Faustregel: Um ein Kilowatt-Peak zu erzeugen, ist in der Regel eine Dachfläche von sieben Quadratmeter nötig.

Für viele Häuser in Neuschloß relevant: Bevor eine Solaranlage aufs Dach kommt, sollte geprüft werden, ob die Ziegel noch lange genug durchhalten. Betonziegel halten 50 Jahre, Tonziegel 70 Jahre – falls Moos sie nicht vorher porös macht.

Energetische Sanierung: die Kosten

Wer im Geiste mit überschlagen hat, ahnt schnell, um welche Summen es insgesamt gehen kann. Zur groben Einschätzung: Ein komplett neues, wärmeisoliertes Dach für ein Siedlungshaus wie im Ulmen-/ Buchen-/ Lindenweg kann 50.000 bis 60.000 Euro kosten. Für die Außenisolierung der Wände dürfen 40.000 Euro eingeplant werden. Die Umstellung der Heizung auf eine Wärmepumpe verlangt 20.000 bis 40.000 Euro. Eine Photovoltaik-Anlage je nach Größenordnung 10.000 bis 30.000 Euro. Fast schwindelerregend, diese Beträge. Und zu alledem: Es ist gar nicht einfach, Handwerksbetriebe zu finden, die sich darum kümmern.

Helfen können Energieberatungsunternehmen – unter anderem dabei, staatliche Zuschüsse und günstige Kredite beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und bei bei der Förderbank KFW zu beantragen. Wer sich darüber hinaus von Energiefachleuten einen langfristigen Sanierungsfahrplan erstellen lässt, kann zudem höhere öffentliche Zuschüsse erhalten.

Nach der gut zweistündigen Diskussion standen viele Leute noch zusammen und überlegten gemeinsam nach individuellen Lösungen. Viele lobten die Initiative der Bürgerkammer zu diesem Thema. Es dürfte Neuschloß noch eine gute Weile beschäftigen.

Die Jahre der Öltanks sind gezählt.
Die Jahre der Öltanks sind gezählt.

Transparenzhinweis: Der Autor ist Mitglied von Bürgerkammer und Ortsbeirat.