Neuschloß geht bei der Kommunalwahl eigene Wege – sowohl was die direkte Vertretung des Stadtteils im Ortsbeirat betrifft, als auch beim Stimmverhalten für die Stadtverordnetenversammlung. Neuschloss.net präsentiert die Ergebnisse in interaktiven Tabellen und Grafiken.

Bürgerkammer holt Ortsbeirat komplett

Die Bürgerkammer, entstanden aus einer Notlage heraus vor fünf Jahren, hat sich offenbar in Neuschloß voll etabliert. Die Liste der Aktiven, die unseren Stadtteil seit 2016 ehrenamtlich vertreten, vereinte alle neun Sitze des Ortsbeirats auf sich. Als einzige Partei war die FDP neben der Bürgerkammer angetreten. Und obwohl die Liberalen in Neuschloß traditionell und bei den weiteren Wahlen auch aktuell stark sind, reichte es nicht für den Ortsbeirat.

Mit 54,26 Prozent kommt Neuschloß auf die höchste Wahlbeteiligung von allen Lampertheimer Ortsbeiräten. Die Neuschlößerinnen und Neuschlößer scheinen ihre Vertretung zu schätzen.

Die Bürgerkammer reagierte angetan. „Wir sind wahnsinnig beeindruckt“, heißt es in einer kurzen Stellungnahme auf ihrer Webseite und auf Facebook. Und: „Wir verstehen eure Stimmen als Anerkennung unserer Arbeit.“

https://www.facebook.com/buergerkammer.neuschloss/posts/268051568263755

 

So verteilen sich die Stimmen auf die Kandidatinnen und Kandidaten:

NameStimmen
Carola Biehal892
Brigitte Weidenauer559
Michael Bayer507
Rolf Wegerle475
Helmut Kemnitzer405
Heinz Rupprecht361
Gisela Bürkel357
Heidrun Kemnitzer319
Sonja Hilbert283

 

Stadtverordnetenversammlung: Neuschloß steht auf die SPD

Die Neuschlößer Ergebnisse der Wahlen für Stadtverordnetenversammlung und Kreistag lassen sich nur näherungsweise auswerten. Grund sind die vielen Briefwahlstimmen. Ihr Umfang lässt sich abschätzen in der Differenz der Wahlbeteiligung für den Ortsbeirat (54,26 Prozent) und der Beteiligung an der Wahl der Stadtverordneten im Wahllokal am Ahornplatz (16,55 Prozent). Folglich dürften etwa 38 Prozent der Wahlberechtigten zu Hause ihre Kreuzchen gesetzt haben.

Das Problem ist nun: Die Neuschlößer Briefwahlstimmen sind mit jenen von zwei anderen Lampertheimer Wahlkreisen vermischt im Bezirk 90022 (Briefwahl II Hans-Pfeiffer-Halle). In der folgenden Auswertung können wir also nur von den Stimmen ausgehen, die am Wahltag im Bürgersaal abgegeben wurde, was natürlich Ungenauigkeiten bringt.

Die ganz großen Tendenzen dürften aber dennoch gelten. Und das heißt vor allem: Neuschloß bleibt eine Hochburg der SPD. In keinem Ortsbezirk schneidet sie bei der Wahl der Stadtverordneten besser ab als in Neuschloß – mit 44,59 Prozent. Umgekehrt gilt: Die schwache CDU hat nirgendwo weniger Fans als bei uns – mit nur 25,02 Prozent. Zwischen Erst- und Zweitplatzierten liegen Welten.

Die interaktiven Tabellen lassen sich mit Klicks in den Kopf der Spalten sortieren.

SPD CDU GrüneFDP
Durchschnitt35,0033,7016,9514,36
Hofheim23,3651,6512,2211,85
Hüttenfeld34,7137,1116,3312,78
Neuschloß 44,5925,0212,3718,02
Rosengarten 36,2528,7316,1118,91

Auch verglichen mit den zurückliegenden Wahlen stehen die Sozialdemokraten gut da. Die Stimmen aus Neuschloß für die Stadtverordneten sind das zweitbestes Ergebnis seit der Jahrtausendwende, wie eine exklusive Aufstellung von Neuschloss.net zeigt. Der SPD könnte von der Arbeit von Carola Biehal profitieren, Ortsvorsteherin von 2011 bis 2016 und Bürgerkammer-Vorsitzende seit 2016, zudem SPD-Stadtverordnete.

20012006201120162021
SPD39,838,340,1045,9044,59
CDU20,429,420,1023,5025,02
Grüne9,19,321,8010,612,37
FDP18,423,018,0020,0018,02
FW12,3

Die Grünen, die bei den jüngsten Wahlen in vielen Kommunen zugewinnen, bleiben in Neuschloß nur viertstärkste Kraft nach der FDP. Auch das ist im Stadtteil nicht ungewöhnlich – nur vor zehn Jahren war das bei der Ausnahmewahl anders, die geprägt war von den Folgen des Erdbebens, Tsunamis und dem anschließenden Reaktorunglück in Japan.

 

Die Kreistagswahlen mit der AfD in Neuschloß

Die Wahl zum Kreistag hat einen entscheidenden Unterschied, verglichen mit dem Wettbewerb um die Sitze der Stadtverordneten: Hier tritt auch die AFD an. Seit dem Jahr 2016 ist das so, und zeitgleich mit dem Auftreten der rechtsextremen Partei verlor die SPD bei der Kreiswahl in Neuschloß an Zustimmung. Diesmal konnte die SPD im Stadtteil hier wieder deutlich aufholen. Die AfD verliert in Neuschloß vier Prozent und kommt auf etwa 15 Prozent.

2006201120162021
SPD36,332,821,029,12
CDU31,722,923,127,68
Grüne8,221,07,814,4
FDP17.015,012,111,62
AfD19,014,93
Linke4,30,50,74
FWG2,21,82,91,49

Hier allerdings könnte sich der oben beschriebene Briefwahl-Effekt auswirken. Das zeigt ein Vergleich der Ortsbezirke. Sämtliche Stadtteile liegen sämtlich deutlich über dem Durchschnittswert der AfD von 9,45 Prozent.

SPD CDU GrüneFDP AfD
Durchschnitt37,3233,5015,408,169,45
Hofheim19,6643,3410,024,6416,36
Hüttenfeld25,8433,5014,315,5412,90
Neuschloß 29,1227,6814,4011,6214,93
Rosengarten 25,2529,3411,957,7117,39

Die Werte in der Kernstadt können wohl kaum so tief sein, um das auszugleichen. Es könnte sein, dass AfD-Fans seltener als Anhängerinnen und Anhänger anderer Parteien zu Hause wählen. In der Folge könnten die 15 Prozent aus dem Wahllokal eine verzerrte Wahrnehmung sein.

Die Vermischung mehrerer Ortsbezirke in den Briefwahlen erweist sich als äußerst problematisch, weil es genaue Auswertungen verunmöglicht. Das sollte für die kommenden Wahlen im Blick behalten werden.

Direktwahl des Landrats

Bei der Wahl des Landrats übrigens hört die Verbundenheit von Neuschloß mit der SPD auf. Ihr Kandidat Karsten Krug kommt nur auf 35,98 Prozent. Das ist zwar immer noch mehr als überall sonst in Lampertheim. Aber Amtsinhalber Christian Engelhardt von der CDU kommt auch in unserem Stadtteil auf eine absolute Mehrheit von 53,66 Prozent. Die Kandidatin der Grünen, Evelyn Berg, erreicht in Neuschloß 10,37 Prozent.

Transparenzhinweis: Der Autor ist Mitglied der Bürgerkammer-Liste.

Wenn es in Neuschloß wieder einen Ortsbeirat geben sollte, werden dort nicht mehr wie bisher neun, sondern nur noch sieben Bürgerinnen und Bürger vertreten sein. Die Stadtverwaltung strebt eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung an, wie aus einer Beschlussvorlage für die konstituierende Sitzung des neuen Stadtparlaments hervorgeht. Sie beginnt am Freitag, 22. April, um 18 Uhr im Stadthaus, Römerstraße 102.

Damit zögen die Gremien Konsequenzen aus dem Ortsbeirats-Debakel bei der jüngsten Kommunalwahl. Weil die CDU eine ungültige und die FDP eine überraschend kurze Kandidatenliste eingereicht hatten, waren insgesamt nicht genügend Leute zusammen gekommen, so dass die Wahl des Ortsbeirats ausfallen musste. Der Ortsbeirat mit der Ortsvorsteherin an der Spitze ist eigentlich die Stimme des Stadtteils.

Update: Die Stadtverordneten drosseln hier das Tempo. In ihrer Sitzung Anfang Juni haben sie beschlossen, über die Zahl der Ortsbeiratsmitglieder erst zur Mit­te der Le­gis­la­tur­pe­ri­o­de zu befinden.

Um weiter Einfluss auf des politische Geschehen zu nehmen, konstituiert sich in diesen Tagen in Neuschloß eine Bürgerkammer, in der nach den vorgestellten Plänen 20 Neuschößerinnen und Neuschlößer ohne direkten Einfluss der politischen Parteien arbeiten werden. Im Rosengarten soll es der Vorlage zufolge künftig nur noch fünf Ortsbeiräte geben, in Hüttenfeld sieben.

Die Lampertheimer Zeitung informiert über einen weiteren interessanten Sachverhalt. Demnach soll der frühere Ortsvorsteher Gottlieb Ohl erneut für die FDP in den Magistrat ziehen. Ohl wurde aber in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Genau für diese Konstellation hatte Neuschloss.net berichtet, dass Ohl auf sein Mandat im Parlament verzichten müsste, um in den Magistrat gewählt werden zu können.

Daraufhin griff uns Ohl mit Leserbriefen in den Lokalzeitungen persönlich an, wir könnten Gasthof nicht von Gustav unterscheiden, sprach von ungenügender Recherche und kam zum Ergebnis: „Da ich auf Platz sieben des Wahlvorschlags der FDP kandidiere, könnte ich somit in den Magistrat gewählt und entsandt werden, ohne dass ein anderer Kandidat nachrückt.“ Wir sind auch deshalb sehr gespannt auf den Verlauf des Treffens der Stadtverordneten.