Wie sehr darf sich eine Stadt wirtschaftlich engagieren, wenn das, was Unternehmen anbieten, für die Bürger nicht ausreicht? Diese Frage wirft SPD-Bürgermeisterkandidat Jens Klinger in einer Wahlkampfveranstaltung im Café am Ahornplatz auf.

Sein Anlass: Die Hausbesuche in Neuschloß, bei denen viele Anwohner über eine schlechte Breitbandversorgung geklagt hätten. „Nicht nur Privatleute, auch viele Freiberufler, die auf schnelles Internet angewiesen sind.“ Weil die zuständige Vermittlungsstelle der Deutschen Telekom in Lampertheim an der Bürstädter Straße steht, ist der Weg zu lang, um kabelgebundenes DSL anzubieten. Eine technische Lösung wäre eine Glasfaserleitung nach Neuschloß zu legen und dort einen eigenen Verteilkasten aufzustellen. Das würde den Neuschlößern gefallen. Der Deutschen Telekom ist das aber zu teuer.

Soll also nun die Gemeinde einspringen? „Im Odenwald gibt’s das“, berichtet Klingler. Die Gemeinden verlegen dort Leitungen auf eigene Rechnung. „Sollen wir als Kommune Breitband ausbauen?“, fragt er. „Oder sollen wir einen Ausbau mit einem Partner anstreben?“ Klingler lässt die Fragen im Raum stehen, verweist auf eine Studie zum Thema Breitband, die Lampertheim gemeinsam mit Nachbarkommunen erstellt habe – und kommt zu dem Schluss: „Ich bin da guter Dinge, dass wir kostengünstig die Möglichkeit haben, in Lampertheim schnelles Internet anzubieten.“

Nun ist es ja so, dass in Neuschloß schnelles Internet durchaus erhältlich ist – über den Kabelanbieter Unitymedia, der auf Wunsch die Glasfaser bis ans Haus legt. Schneller geht’s derzeit kaum. Also so richtig brauchen wir die öffentliche Hilfe beim Thema Breitband im Stadtteil gar nicht – auch wenn manche Unity aus eigener Erfahrung nicht über den Weg trauen.

Geldautomat als öffentliche Aufgabe?

Anders könnte das aussehen beim Thema Bargeldversorgung. Hier versagt die freie Wirtschaft tatsächlich im Stadtteil, seit die Sparkasse den letzen Automaten vor Ort abgebaut hat. Der Betrieb sei zu teuer, heißt es auch hier. Das ärgert viele Neuschlößer.

Wäre denn denkbar, so eine Frage an Klingler, dass die Stadt auf einen Teil der jährlichen Zuweisung aus den Gewinnen der öffentlich-rechtlichen Sparkasse verzichtet und dafür das Kreditinstitut beauftragt, in Neuschloß einen Geldautomaten zu betreiben? Klingler winkt ab: Ein öffentlicher Geldautomat? „Es gibt einen bestimmten Grad, da sollte sich eine Kommune aus der Wirtschaft raushalten.“

Und außerdem: „Sie schaffen so eine Erwartungshaltung in ganz Lampertheim. Als nächstes kommt dann der Europaring und fordert einen Geldautomaten.“ Was sich vermeiden ließe, wenn es klare Kriterien gäbe, bei welchen Gegebenheiten die öffentliche Hand einspringt. Dennoch: klare Absage.

Klingers Fünf-Punkte-Katalog für Neuschloß

Zu Beginn der Veranstaltung stellt Klinger sein Neuschloß-Programm vor. Damit ist der SPD-Mann der erste Kandidat, der seinen allgemein gültigen Standard-Vortrag zur Seite legt und sich gänzlich auf den Stadtteil konzentriert. Das ist beachtlich – und kann nur, wer weiß, was Neuschloß bewegt.

Fünf Punkte umfassen die Ausführungen im Wesentlichen: die Altlasten-Sanierung, der Schutz vor Lärm an der Landesstraße 3110, der stinkende Abwasserkanal, die erwähnte Breitband-Thematik und der von Anwohnern geforderte Bolzplatz.

Die Sanierung des Sodabuckels bezeichnet Klinger als größtes Projekt in der nächsten Zeit. „Wir fangen dieses Jahr an, das Geld ist freigegeben“, fügt er hinzu. Wert legt er darauf, dass der Projektbeirat Altlasten Neuschloß (PAN) aktiv bleibt. Das Fachwissen der Anwohnervertretung sei sehr hilfreich.

Einen Lärmschutz an der Forsthausstraße – also der L 3110 im Ortsgebiet – sieht Klingler „ähnlich bedeutend“ wie die Lage an der Wormser Straße in der Kernstadt. Flüsterasphalt, Lärmschutz, andere Glasscheiben – „da muss ein Bürgermeister beim Regierungspräsidium vorstellig werden“, schreibt sich Klingler in sein Pflichtenheft.

Am Thema Kanal habe die Verwaltung bereits gearbeitet: „Da sind Biofilter reingekommen, und es gibt jetzt öfter Spülungen.“ In der Tat ist seither die Geruchsbelästigung zurückgegangen, was auch an einer gesunkenen Zahl von Anwohner-Hinweisen im Meldeformular von Neuschloss.net zu erkennen ist. Dennoch riecht es manchmal noch. „Wenn die Biofilter nicht die gewünschte Entlastung bringen, müssen wir uns darum kümmern“, sagt Klingler. Geplant sei eine hydrauliche Erfassung der Kanäle, nicht nur in Neuschloß übrigens. Ein Projekt für die kommenden fünf Jahre.

In der Bolzplatzfrage kündigt Klingler ein kleineres Kleinplatzfeld auf den Gelände des bestehenden Spielplatzes am Alten Lorscher Weg an – Neuschloss.net hat darüber bereits berichtet. In ersten Reaktionen auf unserer Facebook-Seite zeigen sich Jugendliche und junge Erwachsene wenig angetan von der Idee.

Busline von Neuschloß zum Aldi?

Klingler betont, wie wichtig die Entscheidung für Neuschloß als Kinderkrippen-Standort ist: „Als Stadt erkennen wir, dass es langsam eng wird in Neuschloß“, sagt er mit Blick auf die Infrastruktur. Die Krippe steigere die Lebensqualität in Neuschloß für junge Familien. „Und das steigert auch Wert der Immobilien“.

Die Diskussion führt von fehlenden Einkaufsmöglichkeiten zu der Frage, ob es nicht eine Buslinie von Hüttenfeld über Neuschloß weiter zum Fachmarktzentrum mit Rewe und Aldi in Lampertheim geben könnte. „Vielleicht kann man das mit dem Bus verbinden, der ohnehin durch den Guldenweg fährt“, schlägt Ortsvorsteherin Carola Biehal (SPD) vor. Klingler zeigt sich offen für den Vorschlag: Derzeit müsse ohnehin eine neue Ausschreibung für den Busverkehr erstellt werden, ein Fachbüro sei damit beauftragt, 40.000 Euro stünden dafür bereit.

Fünf Satzanfänge für Klingler

Fünf Satzanfänge, der die Kandidat verlängert, hat Neuschloss.net auch für Jens Klingler – genau wie jüngst für Frank Schall. Wir dokumentieren auch hier den Dialog.

1. In zehn Jahren wir Neuschloß – „altlastenfrei sein.“

2. Am liebsten in Neuschloß bin ich – „auf dem Schlossfest. Das fand ich toll. Der Gottesdienst war sensationell.“

3. Wichtiger als ein Bolzplatz ist für Neuschloß – „der Lärmschutz an der L 3110. Fußball spielen kann ich immer irgendwo. Den Lärm bekomme ich nicht weg.“

4. Als Bürgermeister sage ich über die Grundwassersanierung – „dass das Land Hessen in der Pflicht ist, die Grundwassersanierung durchzuführen. Zumal wenn vorher etwa 100 Millionen in die Bodensanierung investiert wurden.“ Ortsvorsteherin Carola Biehal ergänzt hier: „Die Grundwassersanierung steht auf der Kippe, das wissen wir.“

5. Der Beamtenbau, also das Schloss, sollte – „zum Schuckstück von Neuschloß werden. Wir sind stolz darauf, dass die Stadtentwicklung Lampertheim den Verkauf geschafft hat.“

Zusammengefasst

Klingler ruft Themen auf, die Neuschloß beschäftigen – und er lässt sich ausführlich auf diese Fragen ein. Dazu waren andere Kandidaten bisher nicht in der Lage. Die Frage des öffentlichen Wirtschaftens wirft Klingler auf, bleibt zunächst aber vage – und lehnt sie schließlich ab. Dass der SPD-Mann die Kanalfrage nachhaltig angehen will, ist löblich – die Sache wurde in früheren Jahren auch im Ortsbeirat verschleppt. Bei den Hintergründen zur Grundwassersanierung hat Klingler noch Informationsbedarf; das kann ein wichtiges Thema werden. Aber da haben er und Neuschloß ja eine Ortsvorsteherin an der Seite, die ihres mit Sicherheit dazu beitragen wird.

So berichten andere: Tip-Verlag

Der lange geforderte Bolzplatz in Neuschloß wird kein Bolzplatz – sondern ein Kleinfeldplatz. Das hat Erster Stadtrat Jens Klingler (SPD) während einer Wahlveranstaltung im Café am Ahornplatz bekannt gegeben.

Auch die Standortfrage ist geklärt: Auf dem bestehenden Spielplatz am Alten Lorscher Weg rücken die Spielgeräte etwas zusammen, um den neuen Platz aufzunehmen.

Klingler beschrieb die geplante Fläche als „kleinere Variante eines Bolzplatzes“. Sie solle vor allem Jüngere ansprechen. „Die Älteren können ja mit dem Fahrrad in den Wald zur Trimm-Dich-Strecke fahren“, erläuterte er. Für den Bau stünden 40.000 Euro bereit.

Dass der Kleinfeldplatz eher Kinder statt Jugendliche anlocken soll, passt zum Spielplatz-Standort. Möglicherweise sehen die Verantwortlichen Konflikte, wenn Jugendliche und junge Erwachsene sich dort zum Fußball und anderen Dingen treffen.

Andererseits bleibt abzuwarten, ob alle mit der Lösung zufrieden sind: Zu den Verfechtern eines Bolzplatzes für Neuschloß gehören durchaus auch ältere Jugendliche und Erwachsene.

Die Standortfrage war deshalb schwierig, weil innerhalb der Ortschaft die spielenden Kinder und Jugendliche als lärmend empfunden werden könnten. In Waldgebieten nahe der Bebauung schlummern aber oft noch Altlasten. Zumindest wären umfassende und teure Untersuchungen des Bodens nötig geworden. Der Spielplatz ist dagegen sicher altlastenfrei.

Klingler nutzte das Beispiel Bolzplatz, um für einen Jugendbeirat in Lampertheim zu werben. „Das Thema ging hier erst über ein paar Ecken bis zum Ortsbeirat.“ Neuschlößer Bürger hatten zunächst Unterschriften gesammelt und damit zwischenzeitlich leichte Irritationen beim Ortsbeirat ausgelöst. Schließlich fand man zusammen.

Nach dem Treffen von Anwohnern und Ortsbeirat hatte es zunächst geheißen, die Lösung werde in der Sitzung des Stadtteilgremiums Anfang Oktober bekannt gegeben.

Kurzbescheibung

Zur Sanierung ist vorgesehen den Bereich in zwei Abschnitten (Flach- und Buckelbereich) in 2014 und 2015 zu bearbeiten. Die jeweiligen Arbeitsschritte sind Rodung, Rückbau der versiegelten Flächen, Wurzelausbau im Abtragsbereich, Zerkleinerung der Wurzeln und Einbau im Kuppenbereich, Materialumlagerung (ca. 22.000 m³) zur Profilierung, Aufbringung einer 2,5 mächtigen Wasserhaushaltsschicht (WHS, ca. 80.000 m³), dichtende Ausbildung der Randbereiche (Kunststoffdichtungsbahn, Drainagematte, ca. 11.000 m²) und Bau einer umlaufenden Randdrainage inkl. Versickerungsbecken (350 m² Grundfläche) im Bereich außerhalb der Sanierungsfläche.

Zusätzlich ist ein Betriebsweg mit Wendemöglichkeit auf dem Buckel vorgesehen (ca. 1.400 m²). Nach Aufbringung der WHS im ersten Abschnitt ist eine Zwischenbegrünung vorgesehen. Nach Beendigung des zweiten Abschnittes soll das Gelände im Frühjahr 2016 rekultiviert werden. Das Gelände ist durch Einfriedung gegen Zutritt und Wildbefall bis zum erfolgreichen Anwuchs der Rekultivierung zu schützen.

Während der Maßnahme ist das Oberflächenwasser aus dem kontaminierten Gelände separat zu fassen, zu reinigen und dem Abwassernetz zuzuführen. Während der Maßnahme sind die Vorgaben der Arbeitssicherheit und des Emissions-/Immissionsschutzes zwingend einzuhalten. Es ist ein Null-Emissions-Lösung anzustreben und eine Null-Immissions-Lösung durchzuführen. Zum Schutz der Nachbarbebauung (Wohnbebauung!) werden Emissions- und Immissionskontrollmessungen durchgeführt. Das bedeutet, dass alle Maßnahmen (v.a. Rodung, Wurzelausbau und -zerkleinerung, sowie Umlagerung und sonstige Erdarbeiten) emissionsfrei durchzuführen sind.

Kategorien

Aushub-, Erdbewegungsarbeiten, Sonstige Bauleistungen im Hochbau, Überholungs-, Sanierungsarbeiten, Sondermülldienstleistungen, Trockenbau, Abdichtungs-, Dämmarbeiten.

CPV-Codes

Abdichtungs- und Dämmarbeiten, Erdbewegungsarbeiten, Sanierungsarbeiten.

Vergabeordnung

Bauauftrag (VOB).

Die Neuschlößer Kinderkrippe zeigt langsam ihr künftiges Äußeres. Die Arbeiter sind dabei, Verputz und Farbe anzubringen. Die Wände strahlen, je nach Gebäudeteil, in unterschiedlich intensiven Gelb- und Orangetönen. Unter dem Dach entstehen Blenden aus Holz.

Während die Krippe also Farbe bekommt, bekommt die Stadt vielleicht bald ein günstiges Darlehen, um die Rechnung zu bezahlen. Und das funktioniert so: Die lokale Sparkasse bietet ihren Kunden einen Krippen-Sparbrief an. Wer sein Geld dort reinsteckt, erhält 1,75 Prozent Zinsen im Jahr, so das Versprechen. Und die Stadt aus diesen Mittel einen Kredit. Die Konditionen, wird Erster Stadtrat Jens Klingler zitiert, entsprächen jenen attraktiven Sätzen aus dem Hessischen Investitionsfond. Das Projekt fußt auf einer Idee von Klingler.

Die Sparkasse schaltet in Lokalzeitungen Werbung. Zu sehen sind vier lachende Mädchen und Jungen, die allerdings deutlich aus dem Krippenalter heraus sind. Darüber steht: „Moritz bekommt einen Kinderkrippenplatz und Sie eine gute Verzinsung.“

Der Sparkassenbrief läuft über fünf Jahre. Sparer müssen sich bis zum 11. Oktober melden und können zwischen 1000 und 5000 Euro anlegen. Kommen mehr als 750.000 Euro zusammen, wird ausgelost, wer sein Geld bringen darf.

Jetzt braucht Neuschloß eigentlich nur noch eine ähnlich kreative Idee, um wieder einen Geldautomaten zu bekommen.

So berichten andere: Südhessen Morgen, Lampertheimer Zeitung, Tip-Verag.

Die Besetzung ist prominent. Norbert Walter-Borjans ist jener Talkshow-gestählter Minister aus Nordrhein-Westfalen, der gerne mit Schweizer Steuer-CD in Verbindung gebracht wird, deren Ankauf Steuer-Betrüger stellt.

Die Viernheimerin Christine Lambrecht sitzt seit 1998 im Bundestag und ist stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion. Norbert Schmitt ist seit 1995 Abgeordneter im hessischen Landtag und arbeitete vorher viele Jahre als Landesgeschäftsführer. Alles langjährige Politikprofis also. Mit am Tisch auch: Jens Klingler.

Christine Lambrecht.
Christine Lambrecht.

Die interessante Frage an diesem Abend im Neuschlößer Café am Ahornplatz ist natürlich nicht, wie das Steuerkonzept der SPD im Detail aussieht. Spannend ist vor allem, wie sich der Lampertheimer Bürgermeisterkandidat in dieser Runde schlägt.

Lambrecht führt souverän zehn Minuten lang ins Finanzthema ein, schlägt den Bogen von der Bundes- zur Landespolitik. Dann übernimmt Walter-Borjans. Eine gute halbe Stunde lang. An den Ausgaben lasse sich nur noch wenig drehen; die Einnahmen müssten gesteigert werden – auch mit Hilfe überführter Steuersünder.

Walter Borjans.
Walter Borjans.

Klingler hört geduldig zu. Eine dreiviertel Stunde nach Beginn der Veranstaltung ist er dran. Er berichtet, dass in all der Zeit der Altlastensanierung trotz großer Bemühungen kein Minister nach Neuschloß kam. Nun habe man einen Minister hier und einen künftigen zudem – Norbert Schmitt braucht einen Moment, bis er den Wink versteht und überrascht lacht.

Dann holt Klingler aus: Schon seit Juso-Zeiten kämpfe er für die Vermögensteuer. Immer wieder habe er gesagt, das sei der richtige Ansatz für die Partei. „Ich bin dankbar dafür, dass es Leute in der SPD gibt, die diesen Weg gehen. Das motiviert uns auch an der Basis.“

Norbert Schmitt und Jens Klingler.
Norbert Schmitt (links) und Jens Klingler.

Klingler gerät in Schwung, erläutert die Finanznot der Kommunen. Sehr anschaulich: „Lampertheim müsste ein Drittel des Personals entlassen – und selbst dann würden wir nicht die sechs Millionen zusammenbekommen, die wir einsparen sollen.“ Dann blickt er zu Norbert Schmitt und sagt: „Jetzt erklärst Du, wie alles besser wird, wenn wir in Hessen an die Macht kommen.“ Zum ersten Mal lauter Applaus des Publikums – etwa ein Dutzend Frauen und Männer, die meisten Genossen.

Schmitt antwortet, er verspreche, „dass die Sorgen der Kommunen erheblich abnehmen werden, wenn wir in Bund und Land Rot-Grün bekommen“. Norbert Walter-Borjans sagt, „wir müssen dafür sorgen, dass die Decke größer wird.“

Klingler übernimmt wieder das Wort. Er gehe auch davon aus, dass die Zusammenarbeit besser werde, „wenn wir im Land dran sind. Der Bund ist erst mal nicht so wichtig.“ Christine Lambrecht gibt zu erkennen, dass sie letzteren Aspekt anders sieht; auch Walter-Borjans betont die Bedeutung der Rahmenbedingungen auf Bundesebene.

Klingler redet sich derweil in Fahrt. Er erinnert an den Fall Hoeneß, vermutet erkennbar empört, dass der Fußball-Manager nie ins Gefängnis komme. „Jeder Bayern-Fan müsste sein Mitgliedsbuch zurückgeben“, ruft er laut. Klingler redet gegen Schwarzarbeit. Er rügt, am Stammtisch sei Held, wer die neusten Steuertricks verrate. Klare Worte. Nur einmal vertut er sich, als er die Neuschlößer Kinderkrippe geografisch falsch einordnet. „Das ist, wenn man bissl aufgeregt ist“, sagt er. Als aus den Reihen der Zuhörer ein Landwirt sein steuerliches Leid klagt, entgegnet Klingler: Wir brauchen mehr Steuerfahnder und weniger Betriebsprüfer.

Dann schweift die Debatte ab von der Steuerpolitik hin zur Ortsumgehung Rosengarten. Christine Lambrecht blickt kurzerhand auf die Uhr, verkündet die Zeit sei um – und die Fragen zur Umgehungsstraße könnten gerne im bilateralen Gespräch geklärt werden.

Wie sich Klingler schlägt? Er findet klare Positionen und Worte, sie nachvollziehbar zu beschreiben. Die Nervosität, hätte er sie nicht selbst angesprochen, ist nicht zu erkennen. Inhaltlich gewinnen Zuhörer den Eindruck, dass Klingler in jedem Fall auf dem Gebiet der Kommunalfinanzen fit ist – und auch in den grundsätzlichen Steuerfragen gut mitreden kann. Der Nebensatz über die Bedeutung der Bundestagswahl war wenig geschickt – sei’s drum. Beim Gedankenexperiment, die anderen Bürgermeisterkandidaten an den Tisch mit den drei Politikprofis zu setzen, schneidet Klingler gut ab.

Offen ist noch der Austausch über lokale Fragen mit den Neuschlößern. Der ist für Mittwoch, 18. September, 19 Uhr, geplant – ebenfalls im Café am Ahornplatz. Auf seiner Facebook-Seite kündigt Klingler auch Hausbesuche in Neuschloß an.

So berichten andere: Südhessen Morgen, Darmstädter Echo.