Den längsten Weg haben die Halbmarathon-Läufer schon hinter sich, als sie in Neuschloß verbeikommen. Aber nach dem Abstecher über Bürstadt sind es immerhin noch acht Kilometer bis zum Start- und Zielpunkt, dem Sportzentrum Ost. Da kann etwas Motivation nur gut tun – und Wasser sowieso. Die Bürgerkammer hatte Einwohner aus unserem Stadtteil zum Ahornplatz eingeladen, um die Sportler anzufeuern und mit nasser Erfrischung zu versorgen.

Das taten etwa 50 Frauen und Männer dann auch – und die Stimmung war super vom ersten bis zum letzten Läufer. Das war auch Verdienst von Familie Senftner, die – ausgestattet mit Fernrohr und Läuferlisten – über eine Lautsprecheranlage sämtliche Sportler persönlich begrüßte, begleitet vom Jubel der Neuschlößer.

Update: Halbmarathon-Gewinner Sascha Brenner erklärt auf der Facebook-Seite von Neuschloss.net, wie wichtig diese Motivation ist: „Das ist immer wie eine Erlösung, wenn man aus dem Wald endlich in Neuschloß einläuft.“ Und auf seiner eigenen Facebook-Seite Rhein-Neckar Runner verbreitet er unser Video und lobt die „Super-Stimmung in Neuschloß, wenn man kilometerlang alleine durch den Wald gelaufen ist.“

Damit das Publikum nicht schwächelte, versorgten die Aktiven der Bürgerkammer es in einem großen Zelt mit frischen Crepes, Brezeln, Kaffee und Kuchen. Eine gelungene Aktion neuen Stadtteilvertretung – für Sportler und Anwohner gleichermaßen.

Auch im verlängerten Ulmenweg waren – wie seit vielen Jahren – Anwohnerinnen und Anwohner rund um Familie Bärwald zur Stelle. Hier versorgen sich die Gäste selbst – mit einem kleinen, feinen Gemeinschaftsbüfett und leckerem Kuchen.

Die bisherige Ortsvorsteherin Carola Biehal steht auch an der Spitze der Bürgerkammer, die den Stadtteil in den kommenden fünf Jahren vertreten will. Die 20 Mitglieder der Kammer wählten die 50-Jährige in einer öffentlichen Sitzung einstimmig zur Vorsitzenden.

Zum Vorsitz gehören fünf weitere Frauen und Männern, die bisher sämtlich nicht kommunalpolitisch aktiv waren.

  • Jason Bog ist stellvertretender Vorsitzender.
  • Sonja Hilbert ist Schriftführerin, Gitte Weidenauer ihre Stellvertreterin.
  • Helmut Kleinsteuber fungiert als Pressesprecher.
  • Heinz Rupprecht engiert sich als Beisitzer im Vorsitz.

Die weiteren Mitglieder der Bürgerkammer sind Michael Bayer, Gisela Bürkel, Desiree Freeburn, Horst Irrgang, Helmut Kemnitzer, Günther Kirchenschläger, Robert Lenhardt, Eric Lunkenbein, Gerhard Pflästerer, Peter Scherb, Elfriede Svoboda, Maria Walter, Rolf Wegerle und Günther Weidenauer.

Folgende Karte veranschaulicht, in welchen Straßen die Mitglieder wohnen – auf die roten Punkte klicken.

Ein Blick auf die vertretenen Straßen zeigt, dass sich insbesondere Frauen und Männer engagieren, die Anfang der achtziger Jahre mit der zweiten Bebauungsphase nach Neuschloß gekommen waren. Manche Mitglieder der Bürgerkammer sind noch später zugezogen – meist weil sie die ruhige, waldnahe Lage schätzen – aber genauso, dass sie in wenigen Minuten in Mannheim und damit dem Zentrum der Metropolregion Rhein-Neckar sind.

Einige Mitglieder der Bürgerkammer sagten, sie engagierten sich in dieser Form, weil sie sich nicht an eine politische Partei binden müssten. Umgekehrt sind aber auch einige parteipolitisch Aktive dabei.

In diesem Kreis sind wichtige Einrichtungen des Stadtteils vertreten – die evangelische Johannesgemeinde genauso wie der SC Kurpfalz, die Meute wie der Altlastenverein und Projektbeirat.

In einem Treffen Ende April im Raum der Johannesgemeinde hatten zuvor 20 Frauen und Männer schriftlich ihre Bereitschaft zur Mitarbeit erklärt. Weil das genau der vorgesehenen Größe der Bürgerkammer entspricht, war eine Wahl der Mitglieder durch die Bevölkerung nicht notwendig. Im Rosengarten wie in Neuschloß gibt es seit der Kommunalwahl keine Ortsbeiräte mehr als Folge von Pannen einiger Parteien bei der Abgabe der Kandidatenlisten.

Die Liste der Mitglieder auf einen Blick:
* Bayer, Michael, Ulmenweg 35;
* Biehal, Carola, Ahornweg 4;
* Bog, Jason, Akazienweg 13;
* Bürkel, Gisela, Ahornweg 14a;
* Freeburn, Desiree, Buchenweg 9;
* Hilbert, Sonja, Eichenweg 7;
* Irrgang, Horst, Wacholderweg 10;
* Kemnitzer, Helmut, Akazienweg 7;
* Kirchenschläger, Günter, Buchenweg 23;
* Kleinsteuber, Helmut, Ahornweg 21a;
* Lenhardt, Robert, Tannenweg 1;
* Lunkenbein, Eric, Akazienweg 5;
* Pflästerer, Gerhard, Eichenweg 12;
* Rupprecht, Heinz, Ahornweg 6;
* Scherb, Peter, Akazienweg 94;
* Svoboda, Elfriede, Akazienweg 92;
* Walter, Maria, Ahornweg 22a;
* Wegerle, Rolf, Lindenweg 3;
* Weidenauer, Gitte, Buchenweg 5;
* Weidenauer, Günter, Buchenweg 5.

Wenn es in Neuschloß wieder einen Ortsbeirat geben sollte, werden dort nicht mehr wie bisher neun, sondern nur noch sieben Bürgerinnen und Bürger vertreten sein. Die Stadtverwaltung strebt eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung an, wie aus einer Beschlussvorlage für die konstituierende Sitzung des neuen Stadtparlaments hervorgeht. Sie beginnt am Freitag, 22. April, um 18 Uhr im Stadthaus, Römerstraße 102.

Damit zögen die Gremien Konsequenzen aus dem Ortsbeirats-Debakel bei der jüngsten Kommunalwahl. Weil die CDU eine ungültige und die FDP eine überraschend kurze Kandidatenliste eingereicht hatten, waren insgesamt nicht genügend Leute zusammen gekommen, so dass die Wahl des Ortsbeirats ausfallen musste. Der Ortsbeirat mit der Ortsvorsteherin an der Spitze ist eigentlich die Stimme des Stadtteils.

Update: Die Stadtverordneten drosseln hier das Tempo. In ihrer Sitzung Anfang Juni haben sie beschlossen, über die Zahl der Ortsbeiratsmitglieder erst zur Mit­te der Le­gis­la­tur­pe­ri­o­de zu befinden.

Um weiter Einfluss auf des politische Geschehen zu nehmen, konstituiert sich in diesen Tagen in Neuschloß eine Bürgerkammer, in der nach den vorgestellten Plänen 20 Neuschößerinnen und Neuschlößer ohne direkten Einfluss der politischen Parteien arbeiten werden. Im Rosengarten soll es der Vorlage zufolge künftig nur noch fünf Ortsbeiräte geben, in Hüttenfeld sieben.

Die Lampertheimer Zeitung informiert über einen weiteren interessanten Sachverhalt. Demnach soll der frühere Ortsvorsteher Gottlieb Ohl erneut für die FDP in den Magistrat ziehen. Ohl wurde aber in die Stadtverordnetenversammlung gewählt. Genau für diese Konstellation hatte Neuschloss.net berichtet, dass Ohl auf sein Mandat im Parlament verzichten müsste, um in den Magistrat gewählt werden zu können.

Daraufhin griff uns Ohl mit Leserbriefen in den Lokalzeitungen persönlich an, wir könnten Gasthof nicht von Gustav unterscheiden, sprach von ungenügender Recherche und kam zum Ergebnis: „Da ich auf Platz sieben des Wahlvorschlags der FDP kandidiere, könnte ich somit in den Magistrat gewählt und entsandt werden, ohne dass ein anderer Kandidat nachrückt.“ Wir sind auch deshalb sehr gespannt auf den Verlauf des Treffens der Stadtverordneten.

Mit dem Rosengarten ist Neuschloß neuerdings in mehrerer Hinsicht verbunden. Beide Stadtteile haben gemeinsam die Bürgerkammer durchgesetzt, und beide Vororte gingen voran, als es darum ging, einer größeren Zahl von Flüchtlingen eine Bleibe zu geben. Hier und dort gab und gibt es Ehrenamtliche, die den meist jungen Menschen helfen, wo sie können.

Dass die rechtsgerichtete AfD jetzt ausgerechnet im Rosengartener Dorfgemeinschaftshaus ihre Anhänger zusammenrief, kam konsequenterweise vor Ort nicht gut an. Etwa hundert Frauen und Männer protestierten dagegen – mit einer Kundgebung, „Haut ab“-Rufen und Pfiffen.

Eingeladen hatte ein Bündnis unter anderem aus den Freien Wählern im Rosengarten, den Jungsozialisten, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der Initiative gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Kreis Bergstraße.

„Rosengarten bleibt ein Ort der Toleranz“, stellten alle Redner mit Blick auf den Protest gegen die AfD klar. Marius Schmidt, Sprecher der Lampertheimer Stadtverordneten-Fraktion der SPD und Vorsitzender der Bergsträßer Jusos, verdeutlichte, die AfD sei keine demokratische Partei und werde niemals eine werden: „In dem Weltbild der AfD ist für Buntheit, ist für Toleranz und alles das, was unser Land als demokratisch und vielfältig ausmacht, schlicht und ergreifend keinen Platz.“

Von der Stadtspitze im Publikum vertreten waren der Erste Stadtrat Jens Klingler (SPD) und der ehrenamtliche Dezernent Gottlieb Ohl (FDP).

Gesprochen hat mit Erich Maier nur ein ehemaliger Bürgermeister: „Ich hätte mir gewünscht, dass hier noch mehr Lampertheimer protestieren“, sagte er.

Horst Werner Schmitt, Vorsitzender der Bürgerkammer im Rosengarten, winkte einigen Jugendlichen aus dem Irak zu und berichtete, wie Bürger, Vereine und Organisationen auf die Flüchtlinge im Stadtteil erfolgreich zugingen.

Die schönen Seiten der Vielfalt zeigten sich übrigens auch in der Verpflegung während der Kundgebung. Neben Gulasch gab es türkischen Couscous-Salat, Zigaretten-Börek und spanische Speisen.

Der frühere Lampertheimer Bürgermeister Erich Maier.
Der frühere Lampertheimer Bürgermeister Erich Maier.

Wie stark ist die AfD in Neuschloß? Angetreten ist die rechtspopulistische Partei für die Wahlen zum Kreistag. In unserem Stadtteil kommt sie dabei auf 19,0 Prozent der Stimmen – bei einer Beteiligung von 33,6 Prozent. Damit liegt Neuschloß über dem Stadtschnitt von 17 Prozent, wie unsere interaktive Grafik zeigt: Steht Mauszeiger auf den entsprechenden Balken, werden die Werte eingeblendet.


Die meisten AfD-Wähler leben in den Stimmbezirken der Kernstadt, die wenigsten in den Stadtteilen. Insgesamt kommt die AfD in Lampertheim auf einen höheren Anteil als im gesamten Kreis Bergstraße, der wiederum der stärkste Landkreis der AfD in Hessen ist.

Woher kommen in Neuschloß die AfD-Stimmen? Um das zu erkunden, haben wir die Neuschlößer Ergebnisse zur Kreistagswahl von 2006 (links), 2011 (Mitte) und 2016 (rechts) auf einer Grafik zusammengetragen. Die Zahlen von 2011 alleine sind als Vergleich wenig aussagekräftig, weil damals nach dem folgenschweren Störfall im japanischen Atomkraftwerk von Fukushima ungewöhnlich viele Menschen grün gewählt hatten.

Zu sehen ist: In Neuschloß liegt in der Kreistagswahl die SPD deutlich vorne; und sie macht ihr Minus von vor fünf Jahren sogar fast zur Hälfte wett. Die CDU als zweitstärkste Kraft dagegen verlor 2011 massiv – und kommt auch diesmal nicht von der Stelle. Die FDP fällt kontinuierlich. Deutlich zu erkennen ist der Fukushima-Effekt bei den Grünen, die sich – im Gegensatz zu SPD, CDU und FDP – in Neuschloß kaum engagieren und auch keine Liste für den Ortsbeirat zusammenbringen. Die Grünen landen ziemlich genau in der Größenordnung, von der aus sie 2006 ihren Höhenflug antraten.

Die Wahlbeteiligung schwankt im Rahmen des Üblichen (2006: 32,9 Prozent, 2011: 34,7 Prozent, 2016: 33,6 Prozent); offenkundig hat es in Neuschloß nicht wie anderswo viele bisherige Wahlverweigerer in den Bürgersaal gezogen, um dort die AfD zu beehren. Von den Zahlen her sieht es für Neuschloß eher danach aus, als hätten die Sozialdemokraten ihre Anhänger solide im Griff. Anders die CDU und FDP. Möglicherweise sind jene Frauen und Männer, die sich 2011 den Grünen zugewandt haben, nicht zurück zu Schwarz und Gelb – sondern protestieren nun mit ihren blauen AfD-Stimmen.

Es könnte sein, dass in Neuschloß vor allem jene Mittelschicht zur AfD tendiert, die in der Angst lebt, etwas zu verlieren.