Die Landtagswahl bringt dramatische Verschiebungen der politischen Verhältnisse von Neuschloß. In der Folge liegen die drei stärksten Parteien bei den Zweitstimmen nun eng beieinander: 22,8 Prozent für die CDU, 21,3 Prozent für die SPD und 20,1 Prozent für die Grünen. Die AfD ist mit 17,6 Prozent vierte Kraft – für hessische Verhältnisse ist das viel, für Lampertheimer Verhältnisse Durchschnitt. Die FDP erreicht 11,1 Prozent.

Zweitstimmen Landtagswahl 2018 in Neuschloß

 

Damit verliert die CDU ganz massiv – nämlich fast die Hälfte der Stimmen: Bei den vergangenen Landtagswahlen im Jahr 2013 kamen die Christsozialen noch auf beachtliche 41,3 Prozent in Neuschloß. Damals vereinte die AfD nur 4,1 Prozent der Stimmen auf sich. Die Grünen gewinnen gut 12 Prozent.

Zweitstimmen Landtagswahl 2013 in Neuschloß

 

Erststimmen Landtagswahl 2018 in Neuschloß

Beim Kampf um die Erststimme gewinnt der Lampertheimer SPD-Kandidat Marius Schmitt sehr deutlich mit 36,7 Prozent. Sein CDU-Herausforderer und Amtsinhaber Alexander Bauer schafft nur 21,7 Prozent.

Wartet die Bahn nur noch auf einen strategisch günstigen Zeitpunkt, um zu verkünden, wo ihrer Ansicht nach künftig die Schnellzüge zwischen Mannheim und Frankfurt fahren sollen? Die Bürgeriniative Lampertheim (Bila) befürchtet das.

„Die Knotenstudien der Bahn für Mannheim und Frankfurt sind fertig, auch das Bundesverkehrsministerium hat seine Untersuchungen abgeschlossen“, sagte Bila-Sprecher Karl-Hans Geil in der Bürgerkammer. Jetzt seien nur noch Details zum Deutschlandtakt offen.

Karl-Hans Geil.
Karl-Hans Geil.

Die Bahn aber sage, es fehlten wesentliche Informationen für die weiteren Planungsschritte. Erst wenn neue Ergebnisse vorlägen, wolle sie wieder zu einem Beteiligungsforum einladen. In diesem Gremium sind neben Kommunen, Landkreisen, Behörden und Ministerien auch Bürgerinitiativen, Umwelt- und Fahrgastverbände oder Kammern vertreten.

Für die Bila klingt das nach einer bewussten Verzögerung. „Wir vermuten, dass die Bahn erst direkt nach der Landtagswahl mit ihren Plänen an die Öffentlichkeit gehen will, um das politische Vakuum bis zur Bildung einer neuen Regierungskoalition zu nutzen“, sagte Geil.

Die Bila spricht sich neuerdings (und auch in der Bürgerkammer) für eine viergleisige Neubaustrecke aus – zwei Gleise für den Personenfernverkehr wie geplant und zusätzlich zwei Gleise für den lauten und zunehmenden Güterverkehr. Das würde die Anwohner an den Bestandsstrecken, etwa durch Lampertheim, entlasten. Außerdem hofft die Initiative, dass eine dann sehr breite Trasse nicht quer durch den Wald an Neuschloß vorbei gelegt würde.

Güterverkehr durch das Rheintal. (Quelle: Bila)
Güterverkehr durch das Rheintal. (Quelle: Bila)

So nachvollziehbar das klingt: Im Bundesverkehrswegeplan sind nur zwei Gleise vorgesehen; grundlegende Änderungen, wie sie eigene zusätzliche Gütergleise wären, erscheinen wenig wahrscheinlich. Dagegen spricht vor allem, dass es an der gesetzlich vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeit von vier Gleisen mangeln dürfte. Weitere Details zu diesen Fragen sind einer interessanten Diskussion im bundesweiten Bahnkenner-Forum Drehscheibe Online nachzulesen.

Hintergrund: ICE-Trasse bei Neuschloß

Schnellzüge fahren bisher schon auf ausgebauten Strecken zwischen Köln und Frankfurt und zwischen Mannheim und Stuttgart. Es liegt nahe, die Lücke zwischen Frankfurt und Mannheim zu schließen. Genauso sinnvoll erscheint es, die Züge an einem neuen Fernbahnhof zwischen Heidelberg und Mannheim halten zu lassen – damit sie sich den zeitaufwendigen Weg in die Mannheimer Innenstadt sparen. S-Bahnen könnten eine Anbindung in wenigen Minuten ermöglichen.

Doch für Mannheim ist das nicht denkbar. Seit etwa 20 Jahren pochen Politiker, Einzelhändler und lokale Medien auf einen ICE-Halt am Hauptbahnhof. Um das der Bahn schmackhaft zu machen, schlägt im Jahr 2000 der damalige Mannheimer SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Mark eine flotte Trasse vor, die von Lorsch kommend quer durch den Wald und direkt an Neuschloß vorbeigeht.

In Lampertheim und Neuschloß regt sich dagegen Protest, den die Bila-Initiative koordiniert. Sie setzt auf einen Konsens in der Region, die Schienen möglichst lange mit den Autobahnen 67 und 6 zu bündeln – um so auf dem Weg zum Mannheimer Hauptbahnhof einen Bogen um Neuschloß zu machen. Der Schwur gelingt. Wie gut er in der Not hält, wird sich zeigen.

Die Bürgerkammer fordert eine neue Strategie, um gegen den Kanalgeruch vorzugehen. Die Abwässer, die über eine Druckleitung aus Hüttenfeld kommen, dürften nicht mehr in die Neuschlößer Kanäle eingeleitet werden. Stattdessen soll die Verwaltung prüfen, wie vielversprechend eine direkte Leitung vom bisherigen Übergabepunkt am Forsthaus an der Landesstraße (Bild oben) bis zur Pumpstation am kleinen Waldfriedhof-Parkplatz ist. Zugleich sollen Voraussetzungen und Aufwand für die etwa 700 Meter weite Verlängerung der Druckleitung aus Hüttenfeld geklärt werden.

„Wir müssen das Übel am Grund anpacken“, begründete Michael Bayer den Vorstoß. Das Bürgerkammer-Mitglied ist auch Macher von Neuschloss.net. Über ein Formular laufen dort die Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger ein. „Es sind so viele Meldungen wie noch nie, und der Ton wird zunehmend rauer. Die Neuschlößer verlieren die Geduld“, berichtete Bayer.

Erster Stadtrat Jens Klinger zeigte Verständnis für die Forderung. „Eine endgültige Lösung gibt es nur, wenn man grundsätzlich an den Kanal herangeht“, sagte er. Die Verwaltung überlege, mit Entlüftungen im Wald zwischen Hüttenfeld und Neuschloß kurzfristig etwas Abhilfe zu schaffen.

Abwasserpumpstation in Neuschloß am kleinen Waldfriedhof-Parkplatz
Abwasserpumpstation in Neuschloß am kleinen Waldfriedhof-Parkplatz

Der Kanalgeruch ärgert die Neuschlößer schon seit vielen Jahren, wie unsere Themenseite zeigt. Nach bisheriger Kenntnis entsteht der Gestank, weil sich an Unebenheiten feste Bestandteile des Abwassers festsetzen und dann riechen.

Im Herbst 2017 hatte die Stadt zwei Schwallklappen in den Neuschlößer Kanal einbauen lassen. Sie stauen das Abwasser auf und schicken es anschließend auf einen Schlag auf die Reise – die Spülung soll das festgesetzte Material mitnehmen. Im trockenen Sommer scheiterte dieses Verfahren aber offenbar daran, dass im Kanal nicht genug Wasser zum Aufstauen vorhanden war. Zudem sei die Anlage zeitweise wegen Hitzeschäden ausgefallen, berichtete Klingler.

Verkehrsfragen standen im Mittelpunkt der öffentlichen Sitzung der Bürgerkammer Neuschloß Anfang September. Alle genannten Probleme soll eine Verkehrsschau vor Ort veranschaulichen und auch lösen.

Tempo 30 ist in Neuschloß auf Schildern verblasst – wie unser Bild aus dem Erlenweg zeigt. Und auch bei den Autofahrern wohl in Vergessenheit geraten. Dass jenseits der Landesstraße im kompletten Stadtteil maximal 30 erlaubt ist, sei vielen nicht klar, beobachtet die Bürgerkammer. Zu den Rasern gehörten Anwohner genauso wie Paketdienstfahrer oder Handwerker, heißt es in einer Anfrage von Sonja Hilbert. „Ich habe Autofahrer angesprochen – und häufig als Antwort gehört, es sei nicht bekannt, dass Tempo 30 in Neuschloß flächendeckend gelte. Die Schilder gleich nach der Landesstraße würden doch nur bis zur nächsten Kreuzung gelten, hieß es fälschlich.“ Hilbert schlägt vor, auf den Straßen im Stadtteil vermehrt entsprechende Markierungen aufzumalen.

Helfen weitere Markierungen auf den Straßen - wie hier im Alten Lorscher Weg?
Helfen weitere Markierungen auf den Straßen – wie hier im Alten Lorscher Weg?

Mehrere Neuschlößer lenkten die Aufmerksamkeit der Bürgerkammer auf die Fußgängerampel an der L3110 in Höhe der Bushaltestelle. Dort missachteten Autofahrer immer wieder das Rotlicht. Heidrun und Helmut Kemnitzer fragen an, wie diese Gefahr entschärft werden könne – und geben die via Facebook übermittelte Idee der Bürger weiter, die neu installierte Radaranlage zur Geschwindigkeitsüberwachung entsprechend zu erweitern.

Das Haltesignal der Fußgängerampel sehen manche Autofahrer eher als Anregung.
Das Haltesignal der Fußgängerampel sehen manche Autofahrer eher als Anregung.

Als Gefahrenpunkt sieht die Bürgerkammer auch die Mündung des Fuß- und Radwegs zwischen Kindertagesstätte und Krippe auf den Weg an der Landesstraße. „Wegen der Sichtschutzzäune der Kindereinrichtungen besteht keine Möglichkeit zu erkennen, ob sich auf dem jeweils anderen Weg ein Verkehrsteilnehmer nähert.“

Unübersichtliche Einmündung des Fuß-/Radwegs zwischen den Kindereinrichtungen auf die Landesstraße.
Unübersichtliche Einmündung des Fuß-/Radwegs zwischen den Kindereinrichtungen auf die Landesstraße.

Neuschloß erlebte ein rauschendes Fest. Zwei Tage lang erinnerten sich die viele hundert Gäste an die Anfänge des Stadtteils. Der 10. September 1461 steht als Datum auf einer Urkunde, „aus­ge­fer­tigt auf dem neu­en Schloss Frie­drichs­burg“ – das älteste Dokument, das die Anlage, erbaut vom Pfälzer Fürsten Friedrich I., belegt.

Klar, dass die Jubiläumsfeier der Bürgerkammer immer wieder historische Bezüge aufwies. Naheliegend war da der Beamtenbau, der letzte bestehende Rest der ursprünglich viel größeren Schlosslage. In den Abendstunden bunt illuminiert, zeigte er sich wortwörtlich in einem völlig anderen Licht.

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Die Lampertheimer Architektenfamilie Braun, der das Gebäude gehört, öffnete die Türen – und zeigte den Gästen die derzeit entkernten und damit auf ihre usprüngliche Schönheit reduzierten Räume.

Zugleich präsentierten dort Rita Eberhard, Heike Herbert und Bernd Wegerle aus Neuschloß sowie von Marlies Walkowiak, die Illustratorin der Neuschloß-Festschrift, Zeichnungen und Gemälde. Suzanne van Os spielte dazu zeitweise leise Töne mit einer Laute.

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Ausstellung und Gebäude stießen auf riesiges Interesse – und das zurecht. Das Ambiente war beeindruckend. Fast würde man sich wünschen, das sich beim weiteren Umbau im Inneren nur so viel wie unbedingt nötig ändert.

Einblicke in die Vergangenheit gab auch der Historische Tanzkreis aus Bensheim, der für zwei Tage seine Zelte auf der Rasenfläche an der Landesstraße aufschlug. Immer wieder kamen die fröhlichen Frauen und Männer in ihren Trachten zum Festzelt, präsentierten jahrhundertealte Tänze – und riefen teils das Publikum zum Mitmachen auf.

Der Historische Tanzkreis Bergstraße.
Der Historische Tanzkreis Bergstraße.

Aber es gab natürlich auch zeitgenössische Unterhaltung. Die Band der Musiker-Initiative Lampertheim prägte den Samstagabend. Internationalen Rock hat sie genauso im Programm wie muntere deutsche Schlager; und als es langsam gegen Mitternacht ging, stand plötzlich auch der Lampertheimer Sänger Bernd „Schepper“ Schäfer auf der Bühne, mitreißend wie immer.

Die Musiker Initiative Lampertheim mit Bernd „Schepper“ Schäfer.
Die Musiker Initiative Lampertheim mit Bernd „Schepper“ Schäfer.

Am Sonntagnachmittag zeigte mit „Second Chance“ eine zweite Lampertheimer Künstlerformation, was sie kann. Die Band aus dem Umfeld der Musikschule hatte einer ihrer allerersten Auftritte bei einem Schlossfest – und hat sich, wie das Publikum feststellen konnte, seither deutlich weiterentwickelt.

Die Musikschulen-Band „Second Chance“ zum zweiten Mal in Neuschloß.
Die Musikschulen-Band „Second Chance“ zum zweiten Mal in Neuschloß.

Auf der Bühne stand schließlich noch die Neuschloß-Band VoxFour. Und auch die Mädchen und Jungen aus dem städtischen Kindergarten im Wacholderweg trugen ihren musikalischen Teil zum Fest bei.

Gitte Weidenauer von der Bürgerkammer stellte ein Neuschloß-Quiz vor, das sich als gar nicht so einfach erweisen sollte: Anhand der Detailbilder von Dächern und Vorgärten aus bestimmten Straßen sollten die Hausnummern ermittelt und zusammengezählt werden. Immerhin gut zwei Dutzend Ortskundige gaben ihre Lösung ab, bis auf eine alle richtig. Als Belohnung gab es einige schöne Preise.

Talkrunden auf der Bühne, moderiert von Gisela Bürkel und Michael Bayer, lockerten das Programm auf. Das galt beispielsweise für die Grußworte aus der Politik zum offiziellen Start der Veranstaltung. Bürgermeister Gottfied Störmer sollte als gebürtiger Lampertheimer verraten, was ihm beim Thema Neuschloß als erstes einfällt – ohne aber die Worte „Altlasten“ und „Millionen“ zu verwenden. Seine Antwort: „Sodabuckel“.

Landrat Christian Engelhardt (CDU), der in Mittelhessen studierte, sollte einschätzen, ob das Marburger Schloss oder das unsrige schöner ist – was natürlich angesichts der prachtvollen Marburger Anlage kaum eine Frage ist. Dennoch verzichtete Engelhardt elegant auf ein eindeutiges Urteil – und schlug vor, er schaue sich vor einer Antwort erst noch am Abend unseren illuminierten Beamtenbau an. Und tatsächlich: Gegen 22 Uhr tauchte Engelhardt erneut in Neuschloß auf und feierte mit.

Auch Thomas Bittner von der Lampertheimer FDP, der Vorsitzende der Bergsträßer SPD und Landtagskandidat Marius Schmidt und der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete und Staatssekretär Michael Meister (CDU) gratulierten den Neuschlößern.

Grußworte aus der Politik - links der Bundestagsabgeordnete Michael Meister (CDU).
Grußworte aus der Politik – links der Bundestagsabgeordnete Michael Meister (CDU).

Interessant übrigens, wie viele Politiker rückblickend die Altlastensanierung lobten und auf ihre Fahnen schrieben. Die Neuschlößer erinnern sich freilich noch gut daran, wie sehr sie viele Jahre lang kämpfen mussten, bis der Altlastenverein den Sanierungs-Rahmenvertrag mit Stadt und Land unterschreiben konnte.

Der Sonntag startete mit einem ökumenischen Gottesdienst. Pfarrer Reinald Fuhr von der evangelischen Johannesgemeinde in Neuschloß und Patrick Fleckenstein von der Lampertheimer St-Andreas-Gemeinde gestalteten ihn gemeinsam mit dem Thema Heimat. Die musikalische Begleitung übernahm de Gospelchor Ephata unter der Leitung von Maria Karb – und erhielt viel Applaus dafür.

Am Anfang und Schluss des Festes gleichermaßen erklangen die Jagdhörner der Wormer Jäger. Kein Zufall: Ohne die Vorliebe der Pfälzer Kurfürsten fürs Jagen hätte es kein Jagdschloss gegeben – und damit möglicherweise keinen Anlass, das Stadtteil-Jubiläum zu feiern.

Die Neuschlößer Jägerin Beatrix Holz bläst das Jagdhorn, umrahmt von Mitgliedern der Bürgerkammer.
Die Neuschlößer Jägerin Beatrix Holz bläst das Jagdhorn, umrahmt von Mitgliedern der Bürgerkammer.

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