In der Kernstadt zerbröselt die Kerwe. In Neuschloß feiert der Stadtteil zwei Tage lang mit der Meute – und das Corona-konform.

Mit „Rock im Schlosshof“ war der Samstag überschrieben – und gleich zwei Bands standen auf der Bühne. Am Nachmittag „Rockfeld“, gefolgt von „Always chilled“ am Abend. Und die Namen beider Gruppen waren dann auch Programm.

„Rockfeld“ auf der Bühne der Meute.
„Rockfeld“ auf der Bühne der Meute.
"Die Meute e.V." in Aktion.
„Die Meute e.V.“ in Aktion.

An die 300 Frauen und Männer entspannten sich bei Gegrilltem, kühlen Getränken und eben (Rock-)Musik. 36 Grad und noch heißer war es zwar nicht, auch wenn die Musikerinnen und Musiker auf der Bühne das Gegenteil behaupteten. Aber den Beat wollte trotzdem niemand leiser drehen.

Und Corona? Verlangte der Meute als Veranstalterin einiges ab. Der Festbereich im Schlosshof war eingezäunt – und am Einlass checkten Helferinnen und Helfer fortwährend, ob eines der drei G vorlag. 

Einchecken - per Luca oder Papierformular.
Einchecken – per Luca oder Papierformular.

Die sorgfältig erstellte Strichliste zeigte: Die Neuschlößerinnen und Neuschlößer können nicht nur feiern, sie können sich auch impfen lassen. Leute mit Vakzin machten – gemeinsam mit den Genesenen – mehr als 90 Prozent der Gäste aus. Nur wenige Ungeimpfte kamen – und brachten dann ein Test-Zertifikat mit.

Zwischenstand am frühen Samstag Abend: Fast alle Gäste sind geimpft oder genesen.
Zwischenstand am frühen Samstag Abend: Fast alle Gäste sind geimpft oder genesen.

Am Sonntagvormittag stand Peter Gutschalk auf der Bühne. Wie schon dann und wann im Meutekeller unterhielt er das Publikum in Lampertheimer Mundart. Etwa hundert Frauen und Männer ließen es sich bei Kaffee und Kuchen gutgehen.

„Wir sind sehr zufrieden mit der Resonanz“, sagte der Vorsitzende der Meute, Rolf Wegerle, zu Neuschloss.net. „Es waren mehr Leute als wir erwartet haben.

Die Neuschlößer Kerwe-Alternative der Meute war also ein gelungener Versuch. Mal sehen, was in Zukunft daraus wird.

Viele Gäste auch im Freien - der Bereich war eingezäunt.
Viele Gäste auch im Freien – der Bereich war eingezäunt.
Kurze Pause am Getränkestand.
Kurze Pause am Getränkestand.

Aus dem Kiosk ist ein Laden am Ahornplatz geworden. Murat Süt betreibt den „Back & Snack“-Shop mit seiner Frau seit einigen Wochen – und schafft damit seit langem wieder echte Einkaufsmöglichkeiten in unserem Stadtteil.

Wie‘s läuft? Süt lächelt. „Wir haben schon viele Stammkunden“, sagt er. Und in der Tat: Während des Gesprächs mit Neuschloss.net an einem Samstagvormittag kommen immer wieder Frauen und Männer aus unserem Stadtteil in die Geschäftsräume. Fladenbrot holen sie, belegte Brötchen, Kaffee zum Mitnehmen.

Neu ist die Arbeit im Handel für Süt nicht. Bevor er im Internet sah, dass die Räume am Ahornplatz vermietet werden, wirbelte er auf dem Mannheimer Großmarkt – an einem Stand und im Büro. Und jetzt Neuschloß? „Es ist ein gemütlicher Stadtteil“, sagt er freundlich. „Die Leute haben Zeit.“ Und fügt nach kurzem Überlegen hinzu: „Wir würden sogar herziehen, wenn wir was finden.“

Obst und Gemüse vom Mannheimer Großmarkt

Vom Mannheimer Großmarkt kommt auch das Gemüse vor dem Laden. Süt hat eigenhändig Euro-Paletten zusammengeschraubt und braun lackiert, um Salate, Gurken, Tomaten, Blumenkohl, Auberginen, Zuchini und vieles mehr einladend präsentieren zu können.

In den ersten Tagen ging Süt mit seiner Frau nachts um 1 Uhr zum Großeinkauf nach Mannheim. Um 3 Uhr waren sie zurück in Neuschloß, backten im Ofen vor Ort das Gebäck auf, legten das Obst und Gemüse vor der Tür zurecht. Um 6 Uhr öffnete der Laden für die Kundschaft – der Tag bis 18 Uhr war dann lange.

Inzwischen ist etwas Routine eingekehrt. Süt erledigt den Einkauf in der Nacht alleine, seine Frau stößt am Morgen hinzu und bleibt länger.

Keine Kioskpreise, aber auch nicht günstig

Süßigkeiten dürfen nicht fehlen.
Süßigkeiten dürfen nicht fehlen.

Die Sache mit dem Gemüse ist ein kleines Wagnis. Denn auch wenn der Händler betont: „Wir haben hier keine Kioskpreise“ – erkennbar mehr als im Aldi oder Edeka kostet es schon. Und so blicken manche Neuschlößerinnen und Neuschlößer an jenem Vormittag zwar interessiert zu den Kartoffeln oder Äpfeln, lassen sie aber doch liegen. „Mein Ziel ist, das Sortiment zu halten“, erklärt Süt. Und fügt etwas nachdenklich hinzu: „Aber es wäre schon gut, wenn etwas mehr Obst und Gemüse gekauft würde.“

Das passt zum selbstgesetzten Motto, das lautet: „Hier kriegt man ja alles.“ Acht Sorten Kaffee zum Mitnehmen schafft die Maschine; neben Lebensmitteln und Backwaren gibt es Erfrischungsgetränke und Alkohol, Zeitungen und Zeitschriften, Tabakwaren – und natürlich jede Menge Süßigkeiten. Auch Gutscheine fürs Handy oder den Onlinehandel liegen bereit.

DHL-Paketshop in Neuschloß

Der „Snack & Back“ ist auch eine DHL-Paketstation.
Der „Snack & Back“ ist auch eine DHL-Paketstation.

Neuerdings wehen vor der Tür im Ulmenweg 6 auch Fahnen des Paketdienstleisters DHL – falls der Einkauf mit dem Gutschein beim Onlinehandel daneben ging, kann nun am Ahornplatz die Retoure starten. Im Gesprächen ist Süt schließlich mit Lotto Hessen darüber, dass er künftig auch Tippscheine entgegen nehmen kann.

Im Mai hatte Vormieterin Beate Unterkircher im Gespräch mit Neuschloss.net angekündigt, dass sie ihren Kiosk nach vier Jahren aufgeben wolle. „Lange Zeit kamen vor allem Ältere regelmäßig in den Laden – nicht nur um Brötchen zu holen, sondern auch um ein wenig zu plaudern“, erzählte sie. Doch seit Corona trauten sich die meisten Rentnerinnen und Rentner nicht mehr aus dem Haus. Brötchen würden nun aus dem Supermarkt mitgebracht und zuhause aufgebacken. Und auch junges Publikum fehle, seit die Schulen geschlossen wurden.

Umso mutiger ist es von Murat Süt und seiner Frau, in diesen Zeiten den „Back & Snack am Ahornplatz“ zu öffnen. Wir sollten dafür sorgen, dass sich das Projekt auch für das Betreiber-Paar lohnt. Auch wenn das ein oder andere anderswo günstiger zu haben ist.

Die Zukunft des Kiosks am Ahornplatz ist ungewiss. Beate Unterkircher berichtete Neuschloss.net, sie gebe nach vier Jahren auf. Sie suche derzeit eine andere Arbeit. Neben der Tür klebt bereits ein Aushang, mit dem die Eigentümer des Ladens nach neuen Mieterinnen und Mietern suchen.

„Der Kiosk macht mir viel Spaß. Lange Zeit kamen vor allem Ältere regelmäßig in den Laden – nicht nur um Brötchen zu holen, sondern auch um ein wenig zu plaudern“, erzählt Unterkircher. Doch seit Corona trauten sich die meisten Rentnerinnen und Rentner nicht mehr aus dem Haus. Brötchen würden nun aus dem Supermarkt mitgebracht und zuhause aufgebacken.

Und auch junges Publikum fehle, seit die Schulen geschlossen wurden. „Hier an der Bushaltestelle kamen nicht nur die Kinder und Jugendliche in den Laden. Auch Mütter nahmen regelmäßig was mit nach Hause.“ Selbst in den wenigen Wochen, in denen Präsensunterricht lief, seien nur noch wenige Leute gekommen: „Viele Kinder fahren aus Angst vor Corona nicht mehr mit dem Bus, sondern werden von ihren Eltern zur Schule gebracht“, beobachtete Unterkircher.

Schon vorher musste das Ladenkiosk Rückschläge verkraften: Der Paketdienstleister DHL beendete die Kooperation. In den Zeiten vor Unterkircher konnten die Menschen aus unserem Stadtteil auch ihre Lottozettel am Ahornplatz abgeben.

Zuletzt blieben im Wesentlichen Brot und Brötchen der Lampertheimer Bäckerei Hug, Zeitungen und Zeitschriften sowie Süßigkeiten im Sortiment – zu wenig, um davon leben zu können. „Heute habe ich bisher 20 Euro Umsatz, nicht Einnahmen“, sagt Beate Unterkircher und blickt auf die Uhr. Sie zeigt halb neun. Da steht die Neuschlößerin schon zweieinhalb Stunden im Laden.Rückblick: Nahversorgung früher

Der Ladenkiosk am Ahornplatz ist die letzte verbliebene Möglichkeit, in Neuschloß Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen. Das war in früheren Zeiten noch anders, wie ein Blick in die Stadtteil-Geschichte zeigt. In den Fünfzigerjahren fuhren zeitweise zwei Lampertheimer Bäcker bis zu zweimal täglich durch Neuschloß und boten ihre Waren an. Donnerstags kam der Fischmann. Im Erlenweg gab es einen Laden im Nebenraum der Gaststätte „Zur Kurpfalz“ und ein Spar-Geschäft, aus dem später eine Filiale der Bäckerei Herweck wurde.

Gefeiert wurde in der Gaststätte „Zur Kurpfalz“ oder in der Kneipe der Hammerschmidts im Lindenweg. Es gab eine mobile Zweigstelle der Sparkasse, eine Postfiliale und eine Zweigstelle der Volksbank im Lindenweg, die gar einmal überfallen wurde – und später an den Ahornplatz umzog. Die Sparkasse baute an der Ecke Ulmenweg/Ahornweg.

Von all dem ist wenig geblieben. Vor allem seit die Lebensmittel-Discounter in Lampertheim an die Otto-Hahn-Straße gezogen sind, sind sie aus Neuschloß einfacher zu erreichen als für manche aus der Kernstadt. Und so wurde in Neuschloß, wo es meist auch etwas teurer war, nur das gekauft, was bei der Tour zu Aldi oder Rewe (damals Minimal) vergessen ging. Am Ende war das zu wenig, als dass es für die Betreiberinnen und Betreiber rentabel bleiben konnte.

Die Einbahnstraßenregelung im Ahornweg wird endgültig. Das Ordnungsamt hatte die entsprechenden Schilder im Frühjahr 2019 provisorisch aufgestellt – und folgte damit einem Vorschlag von Anwohnerinnen und Anwohnern während eines Ortstermins.

Zuvor hatte es vereinzelte, aber laute Kritik aus dem Ahornweg am Busbetrieb gegeben. Bei Gegenverkehr wichen die großen Fahrzeuge in den Kurven auf den Gehweg aus, hieß es. Seit der Umstellung fließt der Verkehr nur in eine Richtung. Auch die Parksituation wurde mit Schildern und Markierungen geregelt.

„Da dieses Provisorium schon über einen längeren Zeitraum besteht, ist jetzt eine definitive Entscheidung der Verkehrsbehörde erforderlich“, berichtete nun Bürgermeister Gottfried Störmer im Ortsbeirat. Für das Busunternehmen habe sich die aktuelle Verkehrsführung bewährt. Der Fahrgastbeirat unterstütze uneingeschränkt die Verkehrsführung zur Haltestelle im Ulmenweg.

Mit Blick auf diese positive Bilanz sollen die provisorischen Schilder nun mit dauerhaften ersetzt werden.

Verkehrsregelung im Ahornweg - im abendlichen Sonnenlicht. Verkehrsregelung im Ahornweg – im abendlichen Sonnenlicht.

Radweg-Markierung an der Ulmenweg-Einmündung

Wer mit dem Fahrrad von Neuschloß nach Lampertheim unterwegs ist, findet an den großen Kreuzungen und Kreiseln immer andere Verkehrsführungen vor. Einen Schritt in Richtung Einheitlichkeit geht der Plan, den die Stadt für den Radweg an der Einmündung des Ulmenwegs in die Landesstraße 3110 im Ortsbeirat vorgestellt hat.

Die Spur für die Radelnden wird demnach parallel zum Zebrastreifen angebracht. Am Volksbank-Kreisel in der Kernstadt gilt bereits das gleiche Verfahren.

Geplante Markierung. (Bild: Stadt Lampertheim) Geplante Markierung. (Bild: Stadt Lampertheim)

Carola Biehal (im Bild rechts) vertritt auch in den kommenden fünf Jahren unseren Stadtteil in der Kommunalpolitik. Der Ortsbeirat hat die 65-Jährige einstimmig zur Ortsvorsteherin gewählt. Biehal steht bereits seit zehn Jahren an der Spitze des Ortsbeirats beziehungsweise der Bürgerkammer.

Zudem gilt sie als eine der treibenden Kräfte unserer bundesweit Aufsehen erregenden Altlastensanierung, für die sie sich seit 1988 engagiert – unter anderem im Altlastenverein und Projektbeirat Altlasten Neuschloß (PAN). Seit 2011 ist Biehal auch Stadtverordnete in der SPD-Fraktion.

Stellvertretender Ortsvorsteher ist Michael Bayer (Zweiter von rechts). Der 53-jährige Journalist ist in Neuschloß aufgewachsen. Er ist ebenfalls im Projektbeirat Altlasten aktiv und betreibt ehrenamtlich die Plattform Neuschloss.net in Web und Facebook. Zum Stadtteil-Jubiläum hatte Bayer die Geschichte unseres Stadtteils in einer Festschrift aufbereitet.

Bei der Kommunalwahl hatte Liste der Bürgerkammer 96,3 Prozent der Stimmen erhalten. Damit fielen sämtliche neun Sitze den aktiven Neuschlößerinnen und Neuschlößer zu, die den Stadtteil in der Ortsbeirats-losen Zeit vertreten hatten.

Bürgermeister Gottfried Störmer, der vor fünf Jahren der Bürgerkammer zunächst skeptisch gegenüber gestanden war, lobte die ehrenamtliche Runde. Sie habe Kräfte freigesetzt, die vorher ungenutzt schlummerten und Menschen zur Mitarbeit aktiviert. „Insoweit ist die Bürgerkammer im Nachgang eine erfolgreiche Organisation“, räumte Störmer ein. Allerdings ohne rechtlichen Hintergrund und ohne Anspruch auf Gehör – auch wenn die Verwaltungsspitze faktisch mit der Kammer zusammengearbeitet habe.