Der Aushang schockte Neuschlößer Facebook-Nutzer: Die Haltestelle im Ulmenweg werde „wegen provozierender Behinderungen durch einen Anwohner im Ahornweg bis auf Weiteres nicht mehr bedient“. Im Ulmenweg steigen unter anderem die Grundschüler ein, die fernab der Hauptstraße rund um den Ahornplatz warten können. Doch das Schild hing glücklicherweise nicht lange. Was war geschehen?
Am Freitag musste gegen 14 Uhr ein Bus im hinteren Ahornweg Slalom fahren. Wie in der jüngsten Zeit häufig parkten Autos und Anhänger bis eng in die Kurven. Der Bus musste mit dem Überbau und teilweise auch mit dem linken Vorderrad über den Bürgersteig rollen. Der Fahrer berichtete, plötzlich habe ein Anwohner vor dem Bus gestanden. Der Neuschlößer habe dem Fahrer vorgeworfen, er würde ihn als Fußgänger gefährden und bedrohen. Daraufhin wollte das Busunternehmen zunächst nicht mehr durch den Ahornweg fahren, um seine Fahrer zu schützen. Der Aushang war Ausdruck davon.
Später schritt der Fachbereich Verkehr, Sicherheit und Ordnung der Stadtverwaltung ein. Am Samstag weitete er das bestehende Halteverbot aus, so dass die keine Fahrzeuge mehr die Busse blockieren können. Das Ordnungsamt behält sich weitere Schritte vor. Mit dem Busunternehmen ist vereinbart, dass die Fahrzeuge am Montag weiter wie vorgesehen im Ulmenweg halten.
Kommentar: Die Stadtverwaltung handelt richtig
Busverkehr vor der eigenen Haustür muss man nicht lieben. Zumal wenn man nicht darauf angewiesen ist. Und natürlich haben Anwohner aus dem Neuschlößer Ahornweg das Recht, ihre eigenen Interessen – die Busse mögen bitte anderswo fahren – lautstark in Bürgerkammer und Leserbriefen (von Waldemar Schneider, Maria Walter und Marliese und Günter Koch) zu vertreten.
Genauso aber muss es der Mehrheit der Neuschlößer erlaubt sein, nicht auf diese Forderungen einzugehen. Weil es nämlich dem Stadtteil insgesamt schaden würden, fiele die Haltestelle im Ulmenweg weg. Ein Großteil unserer Schülerinnen und Schüler müsste dann die wirklich gefährliche Route entlang der Landesstraße nehmen. Und für ältere Menschen wäre der weitere Weg zum Bus, der sie zu den Supermärkten in der Otto-Hahn-Straße bringt, kaum machbar. Überall kämpfen die Menschen für einen besseren Nahverkehr; Neuschloß sollte wegen den Interessen weniger Anwohner nicht den gegenteiligen Weg einschlagen.
Um einige Fakten in die Debatte zu bringen: Wir reden hier nicht von einem Busverkehr wie in der Lampertheimer Eugen-Schreiber-Straße, wo sich fortlaufend große Fahrzeuge begegnen. Durch den Neuschlößer Ahornweg rollt montags bis freitags tagsüber grob gezählt jede Stunde ein Bus pro Richtung. Konkret fährt die Linie 605 an Schultagen einmal am Morgen zur Pestalozzischule und dreimal am Mittag zurück. Die 602 steuert 13-mal über Fachmarktzentrum, Bahnhof und Innenstadt das Schulzentrum West an; zwölfmal zurück.
Fakt ist ferner: Anwohner führten gegenüber der Stadtverwaltung aus, der Busverkehr im Ahornweg sei rechtswidrig. Der Fachbereich Verkehr, Sicherheit und Ordnung prüfte die Rechtslage und kam zum Ergebnis, dass sich die Bürger irren und der Busverkehr hier sehr wohl erlaubt ist. Daraufhin legten die Bürger Beschwerde beim Regierungspräsidium in Darmstadt ein. Das RP prüfte die Stellungnahme der Stadt und teilte mit, sie sei aus Sicht der obere Straßenverkehrsbehörde fachlich korrekt. Nun kritisieren die Anwohner das RP.
Es verfestigt sich der Eindruck, dass die Anwohner schlicht nicht akzeptieren wollen, dass sie ihre Interessen nicht durchsetzen können. Das lässt offenbar ihre Nerven blank liegen. Sie parken ihre Autos und Anhänger zunehmend so, dass die Busse zu einer Slalomfahrt gezwungen sind – um dann anschließend den Fahrstil der Busfahrer zu rügen. Die Stadtverwaltung hat nun die einzig richtige Konsequenz daraus gezogen, und das Halteverbot im hinteren Ahornweg ausgeweitet. Schade, dass es diesen Zwang braucht.
Die Bürgerkammer war den Anwohnern entgegen gekommen. Sie hatte nach vielen Diskussionen im Sommer vorgeschlagen, die Interessen der Buskritiker mit einzubringen, wenn im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der S-Bahn der Busverkehr in Lampertheim möglicherweise ohnehin neu geregelt werden muss. Vielleicht kann sich ja Neuschloß auf diesen gemeinsamen Kurs besinnen.