Als kleiner Junge war ich ziemlich verwirrt über das, was stets Mitte Mai im Vermischten der Zeitung zu sehen war: ein Bild von einem Maikäfer, sorgsam auf ein Blatt gesetzt. Dazu die Schlagzeile: Der erste Maikäfer.
Verwirrt hat mich das deshalb, weil nach dem prüfenden Blick in den gelben Senfeimer draußen in der Kammer klar wurde: Hier stimmt was nicht. Der war nämlich voller Maikäfer. Seinerzeit lief ich vom Ulmenweg aus quer über die Äcker, dort wo jetzt der Eichenweg mit seinen Sackgassen ist, und erreichte am Waldrand eine Schonung mit noch jungen Buchen. Zwei davon geschüttelt, schon war der Eimer voll.
Die sandigen Böden im südhessischen Ried gefallen nicht nur dem Spargel. Auch die Engerlinge haben drei Jahre lang ihren Spaß daran – im Gegensatz zum Revierförster, der zusehen muss, wie seine jungen Bäume einfach umfallen, weil sie keine Wurzeln mehr haben.
Im vierten Jahr ist dann ordentlich was los abends bei Sonnenuntergang. „Hin und her und rundherum kriecht es, fliegt es mit Gebrumm“, wie bei Max und Moritz.
Als Kind konnte ich es kaum abwarten, bis vier Jahre um waren und, dem Rhythmus von der Larve bis zum Käfer entsprechend, das Ereignis besonders groß ausfiel. Ich erinnere mich an interessante biologische Erkenntnisse – was passiert eigentlich, wenn ein toter Maikäfer neben einem Ameisenloch auf den Rücken legt? Na gut, lassen wir das.
So richtig gebrummt hat es in den vergangenen Jahren nicht mehr. Diesen Mai nicht, und auch im Juni nicht. Doch nun, Anfang Juli, ist das Tomaten-Hacken (zwei Tage lang Sonne haben den vorher regengetränkten Sand in einen betonähnlichen Zustand verwandelt) nur möglich, wenn man mit dem Kopf geschwind nach rechts oder links ausweicht.
Die Tiere sind nicht sonderlich groß, früher haben wir Juni-Käfer dazu gesagt. Aber beachtlich viele. Mal sehen, wie lange es dauert, bis ein Bild in der Zeitung auftaucht, einen schönen, angeblich ersten Käfer zeigt und das Märchen erzählt von der aussterbenden Art.