Die Aktiven der Bürgerkammer erwägen, sich auch dann weiter für Neuschloß zu engagieren, wenn es wieder einen Ortsbeirat gibt. Das ist das Ergebnis einer ersten internen Abstimmung. Konkret bedeutet die Idee, dass die Bürgerkammer eine eigene Liste für die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen des Ortsbeirats aufstellen könnte.
Alle derzeitigen Mitglieder der Kammer sprachen sich für eine solche Konstellation aus – und bekundeten ihre grundsätzliche Bereitschaft, sich für eine Ortsbeiratsliste aufstellen zu lassen.
Bis vor vier Jahren waren im Ortsbeirat ausschließlich politische Parteien vertreten – konkret führend die SPD, die FDP und die CDU. Allerdings waren auf den Listen von Frei- und Sozialdemokraten zuletzt zunehmend auch parteilose Neuschlößer vertreten. Im Frühjahr 2016 kam dann wegen Formfehlern von Parteien kein Ortsbeirat zustande. Seither engagieren sich bis zu 20 Frauen und Männer ehrenamtlich und ohne Parteibindung in der Bürgerkammer für die Belange des Stadtteils.
Die Neuschlößer entwickelten die Bürgerkammer – gemeinsam mit Vertretern Rosengartens, wo die Lage ähnlich war – mit dem Politikwissenschaftler Karl Rudolf-Korte. Motto: Besser eine selbstgestrickte Vertretung des Stadtteils als keine. Die Kammer als Einrichtung wurde nach anfänglichen Bedenken im kommunalpolitischen Betrieb akzeptiert. Es zeigte sich, dass viele sich in der Kammer engagierten, die aus verschiedenen Gründen nicht auf einer Parteienliste stehen wollen. Ihre Handlungsfähigkeit bewies die Kammer schließlich insbesondere mit der Organisation der Feier zum Stadtteil-Jubiläum samt Veröffentlichung einer Festschrift.
Dass die Aktiven von 2021 an wieder auf einen Ortsbeirat setzen, erscheint vor allem deshalb sinnvoll, weil ein solches Gremium weniger auf das Wohlwollen der Verwaltung und Stadtspitze angewiesen ist. Denn die Hessische Gemeindeordnung regelt die Mitsprache der Beiräte. Unterm Strich wird sich am Einfluss von Neuschloß wenig ändern: Formal können auch Ortsbeiräte nur Empfehlungen geben. Entscheidend bleibt, wie engagiert und durchdacht die Aktiven arbeiten.
Interessant wird die Frage, wie sich die Parteien verhalten. In der Bürgerkammer können natürlich Neuschlößer mit Parteibuch als Privatpersonen mitarbeiten. Bei FPD und SPD ist das der Fall; an der Spitze der Bürgerkammer steht die SPD-Stadtverordnete Carola Biehal.
Der Südhessen Morgen fasst die Lage so zusammen: „Vor diesem Hintergrund werden die Parteien zu entscheiden haben, ob sie ebenfalls mit eigenen Listen ins Rennen gehen werden – oder ob die unterschiedlichen politischen Orientierungen in Neuschloß künftig in einer einzigen, bürgerschaftlich geprägten Gruppierung aufgehen.“ Die Zeitung hat dazu auch eine Meinung: Eine Bürgerkammerliste „würde den Schwung der bürgerschaftlichen Arbeit in den Stadtteilen aufnehmen und frischen Wind in die Ortsbeiräte wehen.“ Hilfreich sei, „wenn sich auf einer solchen Bürgerliste auch der eine oder andere Fraktionsangehörige fände“.
In einem ersten Schritt bereitet die Bürgerkammer derzeit ihre dritte Sitzungsperiode vor, die im April beginnt – und ruft wieder Neuschlößer zur Mitarbeit auf. Wer in der Runde dabei sein möchte, muss den ersten Wohnsitz in Neuschloß haben und älter als 16 Jahre sein.
Weitere Informationen zur Bürgerkammer unter www.buergerkammer-neuschloss.de.
Transparenzhinweis: Der Autor ist Mitglied der Bürgerkammer.