Frank Schall, und das muss man ihm positiv anrechnen, ist nach Neuschloß gekommen. Sein Ziel ist klar: Er sammelt Stimmen für die Bürgermeisterwahl, auch in unserem Stadtteil. Zwei mannshohe Plakate hat er auf den Ahornplatz gestellt und einen kleinen Tisch – umhüllt mit einem Plakat, das sein familäres Wahlkampfteam zeigt. Ein Teil der Gesichter findet sich wenige Meter weiter unter den etwa ein Dutzend Gästen. Eigentlich, sagt er, wollte er ja in den Bürgersaal. Aber wegen des schönen Wetters habe er sich spontan dazu entschlossen, im Freien aufzutreten.
Noch ein paar Hände geschüttelt, die Frauen und Männer persönlich begrüßt. Dann geht es los, pünktlich. Frank Schall, das wird schnell klar, spricht laut und selbstsicher, unterstreicht hier und da seine Worte mit gestikulierenden Händen. Wer sich an den ein oder anderen Zeitungsbericht über Schalls vorangegangene Wahlkampfauftritte erinnert merkt schnell: Die Sicherheit kommt nicht von ungefähr. Diese Rede hat der Kandidat schon öfter gehalten.
Gut 50 Minuten dauert in Neuschloß jener Teil von Schalls Ausführungen, die er so wohl auch in Hüttenfeld, Rosengarten oder der Kernstadt vorträgt. Mehr Straßen, Vereine unterstützen, im Stadtmarketing besser um Firmen werben, die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen ausbauen. Die Neuschlößer hören geduldig zu.
Dann endlich „noch zwei, drei Anmerkungen zu Neuschloß“. Die Altlastensanierung, erklärt Schall, sei zum Großteil erledigt, die Bearbeitung des Sodabuckels auf den Weg gebracht. „Die Sanierung des Buckels wird in meiner zweiten Amtszeit abgeschossen sein“, sagt Schall und lächelt erkennbar selbst über seinen offenbar spontanen, selbstironischen Scherz. Jetzt kämen, und das sei gut, nach der Sanierung andere Themen hoch, die eigentlich nicht so wichtig seien. Etwa ein Bolzplatz. „Kicken in der unmittelbaren Ortsnähe fehlt noch in Neuschloß“, sagt Schall, der auch Vorsitzender des Lampertheimer Turnvereins ist, dann aber doch mit ernstem Gesicht.
Die zweite Bemerkung mit Stadtteilbezug: Er stebe eine Ortsumgehung für die L 3110 an – vom Kreisel am Hundeheim bis zur langgezogenen Kurve im Wald hinter Neuschloß in Richtung Hüttenfeld. Das habe den Vorteil, dass auf den Feldern vor Neuschloß, etwa gegenüber dem Waldfriedhof, im Flächennutzungsplan die Einwicklung eines Baugebiets vorgesehen werden könne. „Neuschloß ist ja eine gesuchte Wohnlage.“
Ein Bürger zeigt sich irritiert. Er sucht nach einer Formulierung und wendet schließlich ein: „Die Notwendigkeit einer Umfahrung erschließt sich mir nicht.“ So schlimm sei die Landesstraße doch nicht. Nun zeigt sich Schall seinerseits irritiert und erklärt: Es sei Ortsvorsteherin Carola Biehal (SPD) gewesen, die in einem Zeitungsinterview eine Umgehung vorgeschlagen habe. „Da habe ich das aufgenommen.“
Denn, führt der Kandidat aus: Man müsse ja für jeden Stadtteil sagen, „wo sind da die Notwendigkeiten und Begehrlichkeiten. Es muss ja alles gleich verteilt sein.“ Möglicherweise ist das der Grund, warum Schall zuvor auch Ortsumfahrungen für Hüttenfeld und den Rosengarten forderte. Außerdem einen Lückenschluss der Ostumgehung und – allerdings nur perspektivisch, „das werde ich nicht mehr erleben“ – eine Verlagerung der Bundesstraße 44 aus der Stadt heraus.
Das Thema ICE-Trasse spricht Schall von sich aus nicht an, aber auf Nachfrage. Er wolle nicht, dass Schnellzüge durch Neuschloß rasen, versichert er. Ortsbeiratsmitglied Paul Schneider (FDP) stellt eine ganze Reihe von Fragen – unter anderem, was Schall von einer Zusammenarbeit bis hin zu einer Fusion des Neuschlößer Vereins SC Kurpfalz mit dem Lampertheimer Turnverein halte. Je nach dem, könnte man die Antwort zusammenfassen.
Am Ende bittet Neuschloss.net den Kandidaten Schall, fünf unvollständige Sätze zu ergänzen. Wir dokumentieren den Dialog.
„Ein Geldautomat in Neuschloß ist…“ – „nicht vorhanden“, antwortet Schall. Auf die Nachfrage, ob der Satz noch weiter gehen könne, hilft ein Bürger und ruft: „nicht vorhanden, aber notwendig.“ Sehen Sie das auch so? „Ja“, sagt Schall. Wie er hier vorankommen wolle, nachdem schon der Ortsbeirat vergebens entsprechende Appelle verabschiedet hat? Vielleicht nochmal reden mit der Sparkasse, sagt Schall.
„Der Beamtenbau, also das Schloss, sollte bald…“ – Schall überlegt eine ganze Weile und sagt schließlich erleichtert: „einer sinnvollen Bewirtschaftung zugeführt werden.“ Wie die aussehen könne? „Damit habe ich mich noch nicht befasst“, räumt Schall offen ein. Die Stadt hat den Beamtenbau jüngst an einen privaten Investor verkauft.
„Die Entscheidung für den Krippenstandort Neuschloß war…“ – „richtig“, sagt Schall sehr überzeugt. Wohl auch deshalb, weil FDP-Ortsbeirat Schneider sich zuvor zur Überraschung mancher Bürger in die andere Richtung geäußert hatte.
„Neuschloß braucht am dringendsten…“ – einen Bolzplatz. Damit greift Schall ein Thema auf, das derzeit viel Wind macht im Stadtteil. Ob es das Dringlichste ist, dürfte Ansichtssache sein.
Und schließlich: „In Neuschloß bin ich am liebsten…“ – „bei meinem Freund Armin.“ Na gut. Eigentlich wollten wir ja mal schauen, wie’s mit der Ortskenntnis aussieht.
Zwischenzeitlich wird es im Laufe der zweistündigen Plauderrunde fast dunkel. In jedem Fall ist der Diskussionspart zu den Neuschlößer Belangen kurzweilig. Schall hätte sich etwas besser vorbereiten können auf die zentralen Themen des Stadtteils – zumal er wissen muss, dass sein stärkster Konkurrent, Erster Stadtrat Jens Klingler, als Vertreter der Verwaltungsspitze vierteljährtlich im Ortsbeirat detailliert über solche Dinge diskutiert, also mit hyperlokaler Fachkompetenz punkten kann. Aber immerhin: Schall hat sich als erster Kandidat direkt auf dem zentralen Platz des Stadtteils den Fragen der Bürgerinnen und Bürger gestellt und sich um ehrliche Antworten bemüht. Das wiederum spricht für sein Interesse an Neuschloß (und den Wählerstimmen von dort). Und das müssen die anderen Kandidaten erst mal nachmachen.
So berichten andere: Lampertheimer Zeitung, Tip-Verlag (Pressemitteilung)